Dieses Bild täuscht: Weder ist der erste österreichische Kleinsatellit schon im All, noch wird er sich der Erdbeobachtung widmen, sondern hellen Sternen.

Foto: TU Graz

Forscher an der TU Graz, der TU Wien und der Uni Wien hoffen, daraus Rückschlüsse auf den Aufbau dieser Himmelskörper ziehen zu können.

Auch Sternstunden können Verspätung haben: Noch im Dezember 2012 hätte der erste österreichische Satellit, Tugsat-1 (Brite-Austria), gebaut an der TU Graz, vom südindischen Satish Dhawan Space Centre ins Weltall abheben sollen. Mit an Bord wäre auch UniBrite, der baugleiche Satellit der Uni Wien, in Toronto gefertigt, gewesen. Aber dieser Höhepunkt für die heimische Weltraumforschung muss auf Jänner 2013 verschoben werden. Ursprünglich war der Start der beiden Trabanten, die in die internationale Mission Bright Target Explorer Constellation (Brite-Constellation) eingebunden sind, sogar schon für den Herbst 2011 geplant.

"Das hat aber nichts mit Tug-sat-1 und UniBrite zu tun. Unsere Satelliten sind nur Mitreisende auf der indischen Trägerrakete. Hauptlast ist ein Wettersatellit", beteuert Werner W. Weiss vom Institut für Astrophysik an der Uni Wien. Der genaue Grund für die Verzögerung ist nicht bekannt, offensichtlich gibt es Probleme rund um den Wettersatelliten. Weil der Betreiber des Satelliten den Hauptanteil der Transportkosten trägt, ist alles auf Hold.

Deshalb müssen die beiden würfelförmigen Kleinstsatelliten, die jeweils eine Kantenlänge von 20 Zentimetern haben und je sieben Kilogramm wiegen, noch ein paar Wochen länger in Indien auf den Countdown warten, bis sie in 800 Kilometer Höhe ihre Arbeit aufnehmen können.

Das Universum verstehen

Diese Verzögerung soll den wissenschaftlichen Wert dieses von der FFG im Rahmen des Österreichischen Weltraumprogramms, eines Impulsprogramms des Verkehrsministeriums, und des Investitionsprogramms der Uni Wien finanzierten Projektes aber nicht schmälern. Schließlich geht es um Erkenntnisse, die dazu beitragen sollen, die Vergangenheit und die Zukunft des Universums besser zu verstehen.

Der Erkenntnisweg führt über die fotometrische Beobachtung (Helligkeitsmessung) heller, massereicher Sterne. Diese seien zwar von der Erde aus beobachtbar, aber zu weiten Teilen noch ein Rätsel, sagt Weiss, der die österreichische Brite-Mission wissenschaftlich leitet: " Es geht darum, Sterne besser zu verstehen: Wie sehen sie aus, wie entstehen sie, wie entwickeln sie sich?" Mit diesem Wissen kann man wiederum Rückschlüsse auf Galaxien ziehen. "Denn Sterne stehen an einem zentralen Kreuzungspunkt in der Entwicklung von Galaxien", hält Weiss fest. "Wollen wir wissen, wie sich das Universum entwickelt, haben wir vor allem die fernen Galaxien als Beobachtungsmaterial." Unmittelbares Ziel seien zunächst fotometrische Messungen über einen langen Zeitraum, mit einer Präzision, die vom Boden aus nicht machbar wäre, "weil zum Beispiel die Erdatmosphäre störend wirkt, aber auch der Jahreszeitenrhythmus", sagt Weiss. Diese Störfaktoren gibt es im Weltraum nicht, weswegen man auch schon mit sehr kleinen Geräten eine hohe fotometrische Genauigkeit erreicht. Außerdem bekomme man durch die Satellitenbeobachtung einen kontinuierlichen Datensatz.

Bis 2014 sollen je zwei baugleiche kanadische und polnische Nanosatelliten zu den österreichischen Schwestern stoßen und die Brite-Constellation vervollständigen. "Wir wollen Lichtkurven in zwei Farben bekommen", erläutert Weiss, "damit ist es möglich, Aussagen über den inneren Aufbau der Sterne zu erlangen." Zu diesem Zweck hat jeweils ein Satellit eines Paares einen roten Filter vor der Sternenkamera und der andere einen blauen Filter.

Große Datenmengen managen

Sterne pulsieren in verschiedenen Frequenzen, was sich in minimalen Intensitätsänderungen äußert. "Wenn man dieses Frequenzspektrum bestimmen kann, kann man Rückschlüsse auf den Aufbau eines Sterns ziehen" , sagt Weiss. Dies sei die einzige Methode, um in einen Stern hineinzuschauen und um die Modelle, die es zum Innenleben der Sterne gibt, zu überprüfen. Nach einer technischen Testphase sollen die österreichischen Satelliten dann erste Daten an die Bodenstationen an der TU Graz und der TU Wien schicken. Weitere Bodenstationen befinden sich bei den Projektpartnern in Toronto und Warschau.

Die sechs Satelliten und die Riesenmenge an Daten - die durch Daten aus Bodenbeobachtungen ergänzt werden - zu managen, zu verarbeiten und zu archivieren, sagt Weiss, wird dann die nächste große Herausforderung sein. Denn: "Bisher wurde mit Forschungsnanosatelliten noch kein vergleichbar komplexes Projekt auf die Beine gestellt." (Markus Böhm, DER STANDARD, 28.11.2012)