Nach zweijähriger intensiver Tätigkeit hat die Bioethikkommission des Bundeskanzlers im September unter großer medialer Aufmerksamkeit eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie sich umfassend mit den Für und Wider der verschiedenen Fragen künstlicher Befruchtung auseinandersetzt. Während sich eine Mehrheit für eine Liberalisierung ausgesprochen hat, rechtfertigt eine Minderheit die bestehende Rechtslage durch wesentliche ethische Bedenken, und eine weitere Gruppe enthielt sich der Stimme. Alles in allem eine gute Grundlage für eine breite öffentliche Diskussion in hochsensiblen Fragen, und zwar auf Basis der geltenden Rechtslage. Anders die derzeit diskutierte Aufklärungsbroschüre des BMUKK. Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren werden darin u. a. "informiert", welche Varianten grundsätzlich möglich sind, um Kinder zu zeugen.

Dass die meisten dieser Verfahren wie Eizellspende und Leihmutterschaft in Österreich verboten sind, wird nicht dargestellt. Selbstverständlich auch nicht, warum. Während sich also 25 nicht wenig beschäftigte Fachleute in der dritten Zusatzfunktion zeitintensivst die Köpfe darüber zerbrechen, inwieweit Menschenwürde, Selbstbestimmung und Kindeswohl in unserem Rechtssystem unter einen Nenner zu bringen sind, werden in unseren Schulen Kinder mit Halbinformationen indoktriniert und - zum überwiegenden Teil in Österreich verbotene - Minderheitenprogramme zur Norm erhoben. Eine seriöse Debatte über ethisch sensible Fragen, ein tatsächlich toleranter Umgang mit Meinungsvielfalt oder gar ein Respekt vor der geltenden Rechtslage, ganz zu schweigen vor dem kindlichen Sensibilitäts- und Orientierungsbedürfnis, sehen anders aus. Umstände, die mich angesichts der Debatte um Ganztagsschule und verpflichtenden Ethikunterricht gerade als berufstätige Mutter von Volksschülern sehr betroffen machen. (Stephanie Merckens, DEr STANDARD, 29.11.2012)