Istanbul - Die Türkei schafft die Schuluniformen ab. Ab dem kommenden Schuljahr dürfen die rund 17 Millionen Kinder und Jugendlichen in den Schulen des Landes erstmals Jeans tragen, wie die türkische Presse am Mittwoch meldete. Junge Männer dürfen sich außerdem erstmals die Haare lang wachsen lassen. Eng anliegende und durchsichtige Kleidung, ärmellose Hemden sowie Symbole mit politischen Aussagen bleiben verboten. Auch dürfen Kleider nicht schmutzig oder löchrig sein. Für Streit sorgt die Entscheidung, im Zuge der Reform das islamische Kopftuch für Schülerinnen in Korankursen zu erlauben.

KritikerInnen der Reform wenden ein, dass ohne Schuluniformen die sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den SchülerInnen betont würden. Es werde bald eine klare Trennung zwischen jenen geben, die sich in schicken Geschäften mit teuren Markenprodukten einkleideten, und jenen, die sich das nicht leisten könnten, sagte der Chef der Lehrergewerkschaft Türk Egitim-Sen, Ismail Koncuk, der Zeitung "Habertürk". Dagegen meinte Bildungsminister Ömer Dincer, Schuluniformen seien Ausdruck eines autoritären Staatsverständnisses, das nicht zu einer Demokratie passe.

Kopftuchverbot aushebeln?

Der säkularistische Oppositionspolitiker Refik Eryilmaz warf der islamisch-konservativen Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor, mit der Reform das bisher geltende Kopftuchverbot in den Schulen aushebeln zu wollen. Bisher durften nur Schülerinnen an den staatlichen Religionsschulen das Kopftuch tragen, mit Inkrafttreten der Reform im kommenden Jahr werden auch Schülerinnen in anderen Schulen während des Unterrichts im Wahlfach Korankunde das Kopftuch tragen dürfen. Außerhalb der Korankurse bleibt das Kopftuch tabu.

Vor zwei Jahren hatte die Erdogan-Regierung das Kopftuchverbot für Studentinnen an Universitäten aufgehoben. Türkische Säkularisten haben Erdogan im Verdacht, aus der Türkei einen islamischen Staat machen zu wollen. (APA, 29.11.2012)