Reinhard Madlencnik (Bank Austria), Renate Brauner (Vizebürgermeisterin), Thomas Jakoubek (WED), Norbert Scheed (Bezirksvorsteher) feierten am Donnerstag die Dachgleiche beim "DC Tower 1".

Foto: Putschögl

Der von Dominique Perrault geplante Turm ist mit einer Gebäudehöhe von 220 Metern höchstes Gebäude Österreichs. Mit Antennen wird er rund 250 Meter hoch sein. Die Bruttogeschoßfläche beträgt 93.000 m², die vermietbare Nettonutzfläche ca. 72.700 m². Eine LEED-Zertifizierung in Gold wird angestrebt.

Foto: Putschögl

Mit den 220 Metern Gebäudehöhe wird das Maximum dessen herausgeholt, was der gültige Flächenwidmungsplan dort erlaubt (siehe Screenshot, gelbe Markierung). Maßgeblich ist hier immer die sogenannte Traufhöhe, also die Unterkante der Dachfläche bzw. des Flachdachs. Wieviel an Antennen oder anderen technischen Aufbauten noch dazu kommt, ist unerheblich.

Screenshot: derStandard.at

Reinhard Madlencnik muss sich am Donnerstag im 31. Stock des "DC Towers" auf der Wiener Donauplatte wie der mutigste Mann der Welt vorgekommen sein. Die neben ihm sitzende Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner bedankte sich bei ihm nämlich ausdrücklich und "ganz herzlich für den Mut", den 220-Meter-Turm finanziert zu haben. Auch der etwas weiter weg sitzende Bezirksvorsteher der Donaustadt, Norbert Scheed, wünschte ihm viel Glück dafür, "dass sich die Kalkulation ausgehen", dass der insgesamt 60 Stockwerke zählende Wolkenkratzer also auch "ein wirtschaftlicher Erfolg" werden möge.

250 Meter mit Antennen

So viel Aufmunterung war Madlencnik, seines Zeichens "Head of Real Estate" der Bank Austria, auf der offiziellen Gleichenfeier des neuen höchsten Gebäudes Österreichs sichtlich unangenehm. "Ich weiß nicht, ob meine Vorgesetzten so gerne hören, dass ich so mutig bin", antwortete er etwas schmallippig auf die Kühnheits-Bekundungen. Und es sei ja außerdem nicht sein Institut allein gewesen, das vor ziemlich genau drei Jahren den endgültigen Startschuss für den Bau des Towers gegeben habe, vier andere Banken (Raiffeisen, Erste, ÖVAG, Bawag) und zwei Versicherungen (Uniqa, Wiener Städtische/VIG) seien an der "Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum AG" (WED), die den von Dominique Perrault geplanten Turm realisiert, ja ebenso beteiligt. Und sie seien allesamt "bis heute mit ihrer Entscheidung zufrieden", betonte Madlencnik.

Dem Vorstand der WED, Thomas Jakoubek, war es zunächst ein Anliegen, auf einen anderen wichtigen Umstand hinzuweisen: Es sei nämlich in Zusammenhang mit dem "DC Tower 1" immer von 220 Metern Höhe die Rede. Das sei eigentlich falsch, denn inklusive Antennen-Aufbauten werde der Turm rund 250 Meter hoch - und kommt damit dem nur wenige hundert Meter entfernten Donauturm (252 Meter) ziemlich nahe.

Dass Jakoubek auch bekanntgab, sein Turm werde damit "der dritthöchste Europas" werden, könnte damit zu begründen sein, dass ihn bei so viel Mut links und rechts ein wenig der Übermut überkam. Ein kurzer Blick in die Emporis-Datenbank der höchsten Gebäude Europas hätte ihm flugs gezeigt, dass sich das nicht ganz ausgehen kann.

Noch keine weiteren Mieter

Warum die Sache mit dem Mut nicht so weit hergeholt ist, wie BA-Mann Madlencnik vielleicht dachte, ließ Jakoubek indirekt aber dann auch durchblicken: Immer noch beträgt der Vermietungsgrad des "DC Tower 1" nämlich nur 50 Prozent. Die Firma Baxter und die spanische Hotelkette Sol Melia bleiben die einzigen bisher bekannten Mieter, Letztere wird auch das Restaurant und die Skybar in den Etagen 57 und 58 betreiben. Mit Mietern für weitere 25 Prozent stehe man aber zumindest in "ernsthaften Verhandlungen".

Ob es auf den Stockwerken 53 bis 56 tatsächlich Wohnungen geben wird, steht weiterhin nicht fest. Die einschlägigen Diskussionen im Aufsichtsrat seien noch nicht beendet, berichtete Jakoubek am Donnerstag - auch wenn in der Presseunterlage schon von "exklusiven Lofts" die Rede ist. Vorkehrungen zum Einbau der Wohnungen wurden getroffen, auch die Nachfrage sei da, doch die Diskussion drehe sich darüber, ob die Wohnungen (insgesamt 4.500 m²) auch "investorenseitig" zu verkaufen seien. 55 Anfragen von potenziellen Bewohnern habe man nichtsdestotrotz bereits erhalten.

Zweiter Turm "nicht vor 2015"

Jakoubek, der die zahlreichen anwesenden Journalisten insbesondere auf die ausgeklügelte Statik ("mit sehr dünnen Säulen") des 300 Millionen Euro teuren Gebäudes hinwies, macht sich über den weiterhin eher geringen Vermietungsgrad zumindest nach außen hin keine Sorgen. Ein halbes Jahr Leerstand nach der für Herbst 2013 geplanten völligen Fertigstellung des Turms sei "nicht das Thema", dieser sei ihm nämlich allemal lieber, als die Büroflächen unterpreisig zu vermieten. 15 Euro je Quadratmeter nannte Jakoubek Ende August gegenüber derStandard.at als "absolute Untergrenze".

Auch an einen Verkauf des "DC Tower 1" will der WED-Boss erst dann denken, wenn der Turm annähernd voll vermietet ist, auch das hat finanzielle Gründe. Interessenten gebe es schon seit Baubeginn.

Auf seinen geplanten kleineren Zwilling, den "DC Tower 2", muss der "DC Tower 1" weiterhin warten. Wann er gebaut wird, hänge von den Aktionären ab, sagte Jakoubek, und es sei überdies "nie geplant gewesen, unmittelbar nach dem ersten mit dem zweiten Turm zu beginnen". Frühestens 2015 werde man das Thema angehen - "aber kommen wird er". (Martin Putschögl, derStandard.at, 29.11.2012)