Der einzige Luxus im Büro der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption: der Blick vom Balkon über Wien.

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Walter Geyer übergibt die Staatsanwaltschaft gegen Korruption und Wirtschaftsverbrechen an ...

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... Ilse-Maria Vrabl-Sanda. Die frühere Richterin war zuletzt Oberstaatsanwältin in Wien.

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Wien - Am Ende des Tages ist das nördliche Ende der Hinteren Zollamtsstraße im dritten Wiener Gemeindebezirk eine eher menschenleere Gegend. Der Donaukanal setzt zur Rechtskurve an, am Ufer donnert der Straßenverkehr Richtung Ostautobahn vorbei. Nur im Haus Nummer 1 brennt im 12. Stock spätnachts oft noch Licht: Überstunden gehören in der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) zum alltäglichen Geschäft. Die Nachfolge von Walter Geyer, der als Behördenleiter in den Ruhestand tritt, ist geregelt: Neue Chefin wird Ilse-Maria Vrabl-Sanda. Sie wechselt von der Oberstaatsanwaltschaft Wien zur Spezialeinheit der Unbestechlichen.

Die Personalentscheidung wurde am Freitag auf Anfrage des Standard von Justizministerin Beatrix Karl (VP) bekanntgegeben. In der Präsidentschaftskanzlei - Heinz Fischer musste die Personalentscheidung absegnen - langte der Antrag um die Mittagszeit ein. Gerade noch rechtzeitig, denn am Montag begibt sich das Staatsoberhaupt auf einen Südamerika-Reise. Hätte es wider Erwarten doch noch Diskussionen um die Postenbesetzung gegeben, hätte WKStA-Vizeleiter Eberhard Pieber bis Jahresende die Geschäfte geführt. Wie berichtet, hatte auch er sich für den Posten beworben, ebenso Johann Fuchs von der WKStA sowie Gerhard Jarosch, der Präsident der Vereinigung österreichischer Staatsanwälte.

Vrabl-Sanda war aus dem Vierervorschlag von der Personalkommission der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien an die erste Stelle gereiht worden. Vor ihrer Tätigkeit bei der Strafverfolgungsbehörde war sie von 1992 bis 2006 Richterin, unter anderem am Wiener Straflandesgericht.

Bei der OStA wurde sie in den vergangenen Jahren als Behördensprecherin auch im Umgang mit Medien geschult. Zuletzt etwa im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen einen Korneuburger Anklagevertreter, der vor laufender Kamera mit einer Geste einen Schuss auf Tierschützer angedeutet hatte. Für Justizministerin Karl ist Vrabl-Sanda "ein weiteres Beispiel dafür, dass in der Justiz Frauen und Männer gleichermaßen Karriere machen können".

Im Umgang mit Politikern hat Vrabl-Sanda nie Glacéhandschuhe angezogen. 1999 etwa entschied sie als Richterin, dass Jörg Haider im ZDF-Magazin Frontal als "politischer Gauner" bezeichnet werden durfte. Politiker müssten sich mehr gefallen lassen als normale Bürger, lautete ihre Begründung. Als die ÖVP heuer nach Geldwäschevorwürfen gegen ihren Abgeordneten Werner Amon die Wiener Staatsanwaltschaft heftig angriff, sprang Vrabl-Sanda für die Justiz in die Presche: "Diese Stimmungsmache schadet allen Säulen des Rechtsstaates", empörte sie sich.

Von den 21 Planstellen in der Korruptionsstaatsanwaltschaft sind derzeit 19 besetzt. Ministerin Karl kündigte an, dass die Behörde auf insgesamt 40 Planstellen ausgebaut werden soll. (Michael Simoner, DER STANDARD, 1.12.2012)