Als sich Österreich dem Nationalsozialismus unterwarf, war Karl Zichtl zehn Jahre alt. An sein erstes Erlebnis in der damals neuen Ostmark kann er sich noch gut erinnern: "Als die deutschen Soldaten einmarschierten, wurden wir aufgefordert, 'Sieg Heil' zu rufen." Immer wenn im Tross eine Gulaschkanone vorbeigekommen sei, hätten sich die Kinder einen Spaß daraus gemacht, "Heil Gulaschkanone" zu schreien.

Satirische Anekdoten wie diese des späteren Bäckermeisters sind in den Schilderungen von Zeitzeugen aus Mank naturgemäß selten. 30 Frauen und Männer aus der kleinen Stadt im Mostviertel (NÖ) erzählen in dem Buch, wie sie die Nazizeit, den Zweiten Weltkrieg und die Besatzungszeit erlebt haben. Das vom Manker SP-Stadtrat Anton Hikade initiierte Buch ist das Ergebnis eines Oral-History-Projekts, das unter anderen der Historiker Gerhard Floßmann betreut hat.

An der umgangssprachlichen Erzählweise wurde bewusst wenig verändert, um Persönlichkeit und Authentizität zu erhalten. Die Schilderungen sind oft sehr berührend, etwa wenn Johann Punz beschreibt, wie er erst im April 1946 den Leichnam seines in den letzten Kriegstagen bei Parndorf gefallenen Vaters nach Hause holte.

Das Buch ist auch ein mutiges Statement, weil Beteiligte offen schildern, wer aller damals zur örtlichen Nazi-Größe aufstieg oder wie Einheimische noch vor Ankunft der russischen Armee Geschäfte plünderten. Dieser Teil der Geschichte wird ja bis heute in Österreich immer noch gern vergessen.

Alois Will jedenfalls konnte nicht vergessen: Der Bauer war als Kind vor dem elterlichen Hof Zeuge der Ermordung von drei jüdischen Zwangsarbeitern geworden und hat im Sommer 2010 an dieser Stelle ein Mahnmal errichtet.

Dem Buch ist auch eine DVD mit einer Zeitzeugen-Doku von Thomas Zeller beigelegt. (Michael Simoner, DER STANDARD, 4.12.2012)