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Mag Triller: Grigorij Sokolov.

Foto: apa / EPA/JOSE COELHO

Wien - Alle Jahre wieder kommt Grigorij Sokolov ins Konzerthaus und beschert dem aktuellen Intendanten ein knackevolles Haus und dem Publikum ein Programm mit reichlich Zugaben (diesmal: sechs) und trillerprallen Werken.

Dem Verzierungsvergnügen hingeben konnte sich der 62-Jährige zuerst bei einer Gruppe von Stücken aus Jean-Philippe Rameaus Pièces de clavecin avec une méthode sur la mécanique des doigts. In seiner 1724 erschienenen Schule für das Cembalospiel referiert der Franzose erst über die Wichtigkeit von Geschmeidigkeit und Ökonomie der Bewegungen, um dann eine Serie von abwechslungsreichen Stimmungsbildern folgen zu lassen, an denen man dies erproben kann. Sokolov, gelöst und befeuert vom ersten Ton an, ging die Sache recht saftig und vollmundig an; mitunter sehnte man sich nach schlankeren, grazileren Klängen, als sie der Steinway-Konzertflügel produzierte.

Wunderbar vielfältig die Ausgestaltung von Mozarts a-Moll Sonate KV 310; doch die Kapsel der Perfektion, in der Sokolov die präsentierten Werke durchmisst, wurde nie wirklich verlassen - auch nicht in den Durchführungen des ersten und zweiten Satzes. Schade, wenn man daran denkt, wie selten sich der grenznotorische Spaßvogel Mozart in seinem Werk nackte Verzweiflung erlaubte.

Es folgte die Hammerklaviersonate. Beethoven hat hier einfach nur gemacht, was er wollte: das banalste Eröffnungsmotiv ever, ein Akkordtremolo, das an einen nassen Hund erinnert, der sich schüttelt (im Scherzo), ein bizarres Fugenthema (zur Freude Sokolovs: mit Triller!) und dann Tüfteln und Konstruieren ohne Ende. Bei Sokolov wäre man nicht auf die Idee gekommen, der Fugenwahnsinn im letzten Satz berge Schwierigkeiten. Die Eröffnung: ein Statement wie aus Beton. Dann Zartheit. Und noch viel zartere Zartheit. Toll. Traumhaft.    (Stefan Ender, DER STANDARD, 7./8./9.12.2012)