Es gibt Geschichten, die machen fassungslos, sprachlos und entbehren auf den ersten Blick jeglichen Kommentars. Doch das, was Jörg Michner und Wolfgang Höllrigl in der aktuellen Ausgabe der Gratiszeitung "Heute" gewagt haben, darf nicht unkommentiert bleiben. "Eifersucht: Mann ersticht vor Kindergarten Ehefrau" titelt die Geschichte, in der schon im zweiten Absatz Bericht und Kommentar vermischt werden. Den tragischen Vorfall nehmen die Autoren zum Anlass, um das zu thematisieren, was das fremdenfeindliche Gemüt so gerne erregt: den Islam.

Den mutmaßlichen Mörder verorten Michner und Höllrigl "hinterm Halbmond", "in Länder, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf". Wie groß muss die Lust am Beleidigen und Verhetzen sein, um einen Mord als willkommenen Anlass zu nehmen? Hier wurde eindeutig eine journalistische (und geschmackliche) Grenze überschritten, die für "Heute" Konsequenzen haben muss.

Foto: Günter Felbermayer

Mindestanforderungen des journalistischen Anstands sollten erfüllt werden. Auch in einem Gratisblatt. Tagtäglich lesen zahlreiche WienerInnen "Heute"; tagtäglich schalten Unternehmen und vor allem staatliche Institutionen aufgrund hoher LeserInnenzahlen großzügige Inserate. Daraus ergibt sich eine gesellschaftliche Verantwortung - für alle Beteiligten.

Update: 12:03 Uhr

In einer offiziellen Entschuldigung des "Heute"-Chefredakteurs Christian Nusser heißt es: "Ich darf Ihnen versichern, dass wir intern prüfen, wie es zu einer derartigen Fehlleistung kommen konnte und werden daraus Konsequenzen ziehen." Es darf nicht bei diesen (leeren) Worten bleiben.

(Olivera Stajić, 7.12.2012, daStandard.at)