Die Salzburger Festspiele auf dem Finanzparkett fielen ziemlich ins Wasser. Wer wirklich Regie führte, muss erst geklärt werden.

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Die Aufregung über den Buchverlust von 340 Millionen Euro des Landes Salzburg Euro ist groß. Dass die Fehlspekulationen Finanzlandesrat David Brenner (SPÖ) und den Finanzchef des Landes, Eduard Paulus, tatsächlich so überraschend trafen, wird in der Branche allerdings mit Skepsis aufgenommen. Gerüchte über horrende Verluste machen schon lang die Runde.

Die Finanzabteilung etwa hat bereits am 13. Juli die Personalabteilung unter Landesrat Sepp Eisl (ÖVP) über richtlinienwidrige risikoreiche Swap-Geschäfte informiert. Die Personalabteilung wurde laut APA ersucht, die Referatsleiterin zu ermahnen, ihr im Wiederholungsfall die Auflösung des Dienstverhältnisses anzudrohen.

Zudem halten es Experten für unwahrscheinlich, dass die involvierten Banken ihre regelmäßigen Bewertungen der Derivate-Portfolios nur an die nun verdächtige Referatsleiterin R. schickten.

Exotische Währungen

Doch der Reihe nach. Seit 2001 versucht Salzburg, die Finanzschuld aktiv zu managen, um die Zinslast zu reduzieren. Fixe Zinsen wurden gegen variable getauscht, obendrein mit fremden Währungen "optimiert". 1,7 Milliarden wurden so in Derivate gesteckt, zuletzt war der Betrag noch höher. Die Ausmaße des Spekulationsrades werden anhand eines Portfolios des Landes bei der Bank Austria über 878 Millionen Euro ersichtlich, das dem STANDARD vorliegt und das auch dem Land bekannt ist. An exotischen Währungen wurde kaum etwas ausgelassen, zwecks Prämiengenerierung wurden Optionen verkauft.

Die Strategie: Zinsdifferenzen in verschiedenen Ländern ausnutzen. So wurden türkische Lira, südafrikanischer Rand und isländische Krone - allesamt von hohen Zinsen gekennzeichnet - gegen Euro "getauscht". Teils finanzierte man die Deals mit Kredit. Manche Instrumente existieren noch immer, wie aus einer Anfragebeantwortung Brenners hervorgeht. In der Auskunft werden Pfund-Franken-Geschäfte genannt, die bereits 2008 massiv unter Wasser waren. Dabei schrillten die Alarmglocken viel früher. Die Deutsche Bank etwa stellte ihre Positionen auf dem Höhepunkt der Finanzkrise glatt, weil das Depot Salzburgs deutlich negativ war. Zudem gibt es verlässliche Angaben anderer Banker, wonach diese seit Monaten auf das explodierende Risiko hingewiesen hätten.

Informiert wurde, so die einhellige Aussage, nicht nur Frau R., sondern immer auch Paulus und in vielen Fällen Landesrat Brenner. Selbst am Frankfurter Finanzplatz waren die wilden Spekulationen Gesprächsthema, nur im Land selbst will keiner davon gewusst haben. Während sich Brenner als "Aufdecker" bezeichnet, werde "R. zum Bauernopfer gemacht", sagt ein Finanzmann.

Land war informiert

Ein weiteres Indiz für die Kenntnisse des Landes ist das Reporting der Banken. Der Rechnungshof stellte fest, dass Salzburg seit 2007 monatlich über den Stand informiert wurde. Banken haben dabei erhöhte Sorgfaltspflichten, müssen prüfen, ob der Geschäftspartner entsprechende Vollmachten hat und Unterschriften korrekt sind. War dies nicht der Fall, hätte Salzburg gute Chancen, den Schaden bei den Banken einzuklagen. Das ist aber nicht angedacht: "Da diese Geschäfte offenkundig nicht mehr existieren, ist eine Zuordnung jedenfalls derzeit unmöglich", erklärt Paulus. Er widerspricht damit früheren Angaben, wobei es sich um Buchverluste handle: Wurden Derivate tatsächlich aufgelöst, müssen Verluste realisiert worden sein. Spannend auch die Frage der ausreichenden Vollmacht von Frau R. Wird ihr Untreue vorgeworfen, könnte bei Banken Beitragstäterschaft Thema sein, meint Anwalt Lukas Aigner im Interview.

Zu hören ist, dass die ÖVP - unter ihrer Regentschaft begannen die Spekulationen - Bescheid gewusst habe. Auch die Entlassung von Frau R. sei mit Landesvize Wilfried Haslauer abgesprochen worden. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 10.12.2012)