Nicht nur theoretisch über Mietpreisdeckel diskutieren, sondern ganz konkrete Vorschläge machen, wie Wohnen in Österreich leistbar bleiben kann, das hat sich die Initiative "Umwelt + Bauen" auf ihre Fahnen geheftet. Monatelang hat die Gruppierung, der unter anderem maßgebliche Vertreter der Bauwirtschaft angehören, am Strategiepapier "Wohnen 2020" gearbeitet, das am Mittwoch präsentiert wurde.

"Kurzfristig umsetzbar"

Beauftragt wurde das Strategiepapier von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Um es parteiintern "durchzubringen", hatte er dem rund 40-köpfigen wissenschaftlichen Beirat der Initiative zwei Prämissen mit auf den Weg gegeben: Die Vorschläge sollten einerseits budgetneutral umgesetzt werden können und andererseits "nicht am Föderalismus in Österreich scheitern", wie es Josef Muchitsch, Bau-Holz-Gewerkschafter und "Mastermind" der Initiative, ausdrückte. Muchitsch betonte bei der Präsentation auch, dass es sich bei den wesentlichen Vorschlägen um "kurzfristig umsetzbare Maßnahmen" handle, die aber allesamt zusätzliche positive Effekte mit sich bringen würden.

Wichtigste Punkte des Papiers sind die Schaffung einer "Bundeswohnbauagentur", die eine "bedarfsgerechte" Finanzierung des heimischen Wohnbaus sicherstellen soll. Ziel und Zweck dieser Einrichtung wäre es, schon vor der Aufteilung auf die Bundesländer zu entscheiden, in welchen Ländern und Regionen vorrangig Wohnbaufördermittel fließen sollten. Eine solche Agentur könnte außerdem eine "Grundfinanzierung" von 25 bis 30 Prozent der Investitionskosten bereitstellen.

1,5 bis zwei Milliarden Euro nötig

Rund 1,5 bis zwei Milliarden Euro müssten nämlich laut den Proponenten der Initiative, zu denen auch Wohnbauexpertin Margarete Czerny zählt,  aufgestellt werden, um die drohende Lücke von jährlich 7.000 Neubauwohnungen schließen zu können. Weil die "Bundeswohnbauagentur" - Stichwort "budgetneutral" - keine "Maastricht-Effekte" im Budget auslösen darf, müsste die Kapitalaufbringung zu mehr als 50 Prozent über den privaten Sektor erfolgen und die Mittel außerdem zu mehr als 20 Prozent wiederum in den privaten Sektor fließen. Die Agentur müsste außerdem grundsätzlich gewinnorientiert operieren.

Ganz nach dem Vorbild der "Wiener Wohnbauinitiative" wird im Strategiepapier vorgeschlagen, jährlich eine Milliarde für den Neubau und 200 Millionen Euro für die Sanierung zu Bundeskonditionen am Kapitalmarkt aufzunehmen und diese Mittel in Form von günstigen Darlehen direkt an die Wohnbauträger weiterzugeben. Diese Vorgehensweise würde keine neuen Schulden nach Maastricht-Kriterien entstehen lassen, betonten Muchitsch und Czerny.

Wohnbauanleihen mit kürzeren Laufzeiten

Die restliche halbe bis volle Milliarde könnte dadurch hereinkommen, dass diverse Veranlagungsvorschriften geändert werden, etwa im Pensionskassengesetz oder in der "Zukunftsvorsorge Neu". Hier könnte eine Mindestquote dafür sorgen, dass das in den Pensionskassen langfristig angelegte Geld teilweise in Wohnbauanleihen fließt.

Zum Thema Wohnbauanleihen wird darüber hinaus vorgeschlagen, sogenannte "Kurzläufer" mit Laufzeiten von fünf bis sieben Jahren einzuführen. Derzeit haben Wohnbauanleihen eine Mindestlaufzeit von zehn Jahren.

EIB-Mittel für die Sanierung

Schrittweise solle außerdem der "Sanierungsscheck", also die Bundesförderung zur thermischen Sanierung von Altbauten, ausgebaut werden, heißt es in dem Papier. Eine Aufstockung auf 300 Millionen Euro pro Jahr bis 2016 (die ohnehin schon länger im Gespräch ist) wird gefordert, die dafür nötigen Mittel sollten von der Europäischen Investitionsbank (EIB) abgerufen werden.

Die EIB ist es auch, die eine "Sonderaktion Thermische Sanierungsmilliarde" bis 2020 maßgeblich vorfinanzieren sollte. Laut Johannes Wahlmüller von der Umweltorganisation Global 2000 ist der Raumwärmebereich zwar schon jetzt "der einzige Lichtblick der heimischen Klimaschutzpolitik", auch in der thermischen Sanierung von Wohngebäuden schlummere aber noch enormes Potenzial. "Damit Österreich seine Klimaziele bis 2020 erfüllen kann, muss die Sanierungsrate auf drei Prozent angehoben werden", sagt Wahlmüller. Derzeit liegt sie bei einem bis maximal 1,5 Prozent.

Hans-Werner Frömmel, Bundesinnungsmeister der Bauwirtschaft, sieht in dem Strategiepapier starke Argumente für die kommenden Finanzausgleichsverhandlungen, aber auch "Vorschläge, die noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden könnten". Ob das auch passiert, liege am "politischen Goodwill", meint Muchitsch. (Martin Putschögl, derStandard.at, 12.12.2012)