Wien - "Hatten Sie viel zu verlieren?", fragt Verteidiger Peter Lewisch seinen Mandanten am Donnerstag während des Prozesses. "Alles", antwortet Friedrich E., suspendierter Personalchef des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH). Was Lewisch in seinem Schlussplädoyer dann noch ausschlachtet: "Es war sein Leben. Er war der Chef von 7000 Menschen. Er hat die Aufgabe gehabt, dass die Regeln eingehalten werden!", versucht er Richterin Stephanie Öner zu überzeugen, warum E. die ihm und zwei anderen vorgeworfene Untreue nicht begangen hat.

Verfahren wegen Amtsmissbrauchs im Vorjahr

Was war geschehen? Ab 2008 arbeiteten drei Mitarbeiter - einer davon sein Sohn - von Heinrich L. als Zivildiener im AKH. Zumindest auf dem Papier. In Wahrheit waren sie nämlich weiterhin für die Personalleasingfirma tätig. Ihre Aufgaben im Spital verrichteten dagegen Hilfskräfte, die L. dem AKH kostenlos zur Verfügung stellte.

Im Zuge einer anderen Ermittlung flog die Affäre auf. Eine Mitarbeiterin der Pflegeabteilung, wo das Trio hintereinander Dienst tun sollte und auch in den Anwesenheitslisten eingetragen war, belastete den Personalchef, die ehemalige Pflegedirektorin und den Unternehmer.

Im Vorjahr kam es zu einem Verfahren wegen Amtsmissbrauchs. Die bedingten Strafen waren streng: sechs Monate bedingte Haft für die Pflegedirektorin, zwölf Monate für den Firmenchef und 18 Monate für den Personalchef. Der Oberste Gerichtshof hob das Urteil allerdings auf: Aus rechtlichen Gründen sei gar kein Amtsmissbrauch möglich gewesen. Daher versuchte es Staatsanwalt Roman Reich diesmal mit dem Delikt Untreue.

Nur eine Belastungszeugin

Es geht vor allem um eine Besprechung im November 2007, gute vier Monate vor dem Dienstantritt des ersten Zivildieners. Laut Anklage müssen die drei Angeklagten da den Deal ausgemacht haben und anschließend die Hauptbelastungszeugin hinzugerufen und informiert haben.

Dem widersprechen die Angeklagten heftig. E.s Argumentation: Er habe lediglich versprochen, dafür zu sorgen, dass der Mitarbeiter von L. legal im AKH unterkommt. Pflegedirektorin Eva G. wiederum sagt, sie habe nur erfahren, dass statt dem Zivildiener eine externe Kraft komme. Und Unternehmer L. betont, die Gratiskraft sei nur als "Dankeschön" für die Bemühungen gemeint gewesen.

Dass die Zivildiener im Endeffekt nur für seine Firma - und deren Softwareprojekt für das AKH - arbeiteten, habe sich erst später "ergeben". Und überhaupt: Die Zivildiener haben dem Spital 22.000 Euro gekostet - die Gratishilfe war aber 62.000 Euro wert.

Beifall der Angehörigen

Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin glaubt Richterin Öner ihnen das. Und fällt unter dem Beifall der Angehörigen im Gerichtssaal drei, nicht rechtskräftige, Freisprüche. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 14.12.2012)