Wien - Heftige Kritik an ORF-Radiodirektor Karl Amon übt Dieter Bornermann, Vorsitzender des ORF-Redakteursrats, im Zusammenhang mit der umstrittenen Bestellung eines neuen Leiters der Radio-Innenpolitik. "Ich glaube, Amon demontiert da gerade sein eigenes Denkmal, denn er hatte immer den guten Ruf der Unabhängigkeit. Den hat er aus unserer Sicht jetzt verspielt", so Bornemann im Interview mit dem Fachmagazin "Der österreichische Journalist".

Amon hat für den Posten Radio Wien-Wortchef Edgar Weinzettl vorgeschlagen, dem die Radio-Redakteure die fachliche Qualifikation absprechen. "Das hat es noch nie gegeben, dass sich die gesamte Redaktion gegen den Radiodirektor ausspricht, der als einziges Argument immer nur das Hearing vorbringt", so Bornemann.

Absprachen

Der Redakteursratsvorsitzende kritisiert, dass es für offizielle ORF-Hearings "keine klaren Kriterien" gebe und vermutet "Absprachen im Vorfeld". Bornemann: "Wenn just der Kandidat gewinnt, der schon Wochen zuvor als SPÖ-Wunsch in der Zeitung gestanden ist, dann wird die Redaktion natürlich besonders hellhörig. Weinzettl ist von acht Bewerbern der einzige, der noch nie in einer innenpolitischen Redaktion gearbeitet hat. Das ist ja der Hauptvorwurf der Innenpolitik. Der Generaldirektor sagt, jeder Chef muss sich seinen Mitarbeiter aussuchen können. Warum darf sich dann Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter seinen Innenpolitik-Ressortleiter nicht aussuchen?"

Offensichtlich sei es nach wie vor so, dass das ORF-Management Personalpakete schnürt, um Deals eingehen zu können. "Einige Mitglieder aus dem Management gehen zu den Parteien, färbeln dort Kollegen an, das ist ein Roter, das ein Schwarzer, auch wenn das gar nicht stimmt. Damit können die Parteien ihren Leuten sagen, macht?s euch keine Sorgen, wir haben eh wieder einen Posten im ORF besetzt", so Bornemann im "Journalist".

Beisitzerfunktion bei Hearings

Diesmal dürfte der Deal im Radio gelaufen sein, glaubt der Redakteursratsvorsitzende: "Der angeblich schwarze Chefredakteur (Aigelsreiter) - der ausgezeichnete Arbeit macht - soll mit Weinzettl einen roten Innenpolitikchef beigestellt bekommen. Vermutlich kommt Edgar Weinzettl da ohne eigenes Zutun dazu - wie häufig bei politischen Zuschreibungen. Wenn er nicht Innenpolitik-Chef wird, bleibt er als der rote Wunschkandidat übrig, der es nicht geschafft hat. Und wenn er es wird, dann hat er erst recht die rote Punze. Eine schwierige Situation, in die uns der Hörfunkdirektor gebracht hat."

Für künftige Hearings ist für Bornemann deshalb eine Beisitzerfunktion von Betriebsrat oder Redakteursvertretung denkbar. Darüber hinaus sollen in einem verkleinerten ORF-Stiftungsrat künftig auch Vertreter des Redakteursrats neben den Betriebsräten sitzen, so der Wunsch der ORF-Journalisten. (APA, 14.12.2012)