Jetzt leuchten sie wieder gegen die Finsternis an, die Lämpchen und Lichter. Gleißende, närrisch flackernde Signallampen markieren die Einflugschneise des Gottessohnes. Ganz gleich, ob auf Fenstersimsen, an Dachtraufen, Balkonen, Portikussen oder Carports: In der Vorweihnachtszeit präsentieren die Illuminationskünstler von eigenen Gnaden ihre Werke. Da ranken sich Girlanden die Säulen hoch, lebensgroße Rentiere recken in Vorgärten ihre Hälse, Mascherl, Schmuck und Tand, übergossen mit einer bleichgelben Decke aus Gefunkel. Lichtnahrung aus dem Baumarkt für die Nebenstraßen der Republik. 

Dem Heiland heimleuchten

Selbst wenn die Engerl, Sterne, Madonnen noch so strahlen: Die Wurzeln dieses Brauchs sind heidnisch. Die Germanen pflegten mit Lämpchen und Kerzen kurz vor dem Fest der Wintersonnenwende die Sonne zu ermuntern, die Dunkelheit zu verdrängen. Die Christen machten sich den Brauch zueigen und legten gleich den Termin von Christi Geburt auf den Festtag, den 25. Dezember.

Wie im ganzen Land, so leuchten auch in Biedermannsdorf die Menschen dem Heiland heim. Ein feierlicher Lichtschleier liegt am Abend über dem ein paar Kilometer südlich von Wien gelegenen Ort. Schmucke Häuser, energische Ruhe, viele Radarboxen. Eingefriedet zwischen der Autobahn und Kreisverkehren schnattern hier Leuchtkörper aller Art gegen die Dunkelheit an, von innen beleuchtete, rötlich schimmernde Zipfelhaubenträger erklimmen Häuserwände. Keine Einbrecher, gottlob. 

Kinderaugen glänzen

Die Bürger und Bürgerinnen des Landes lassen sich die festliche Dekoration einiges kosten: Acht Millionen Euro investieren Private und Kommunen Jahr für Jahr in den funkelnden Aufputz. Der Mehrverbrauch an Strom für die Lichtspiele in den Wochen vor Weihnachten entspricht dem jährlichen Bedarf von 10.000 österreichischen Haushalten.

Doch wer fragt in einer Zeit, in der Kinderaugen glänzen und die Geldbörse freudvoll aufschnappt, nach Stromkosten und Mehrverbrauch? Eben. Ganz Österreich ist in diesen Tagen Biedermannsdorf. Eine Ansichtssache. (Stefan Schlögl, derStandard.at, 20.12.2012)

Foto: derstandard.at/schlögl
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