Die Farbgebung dieser Weltkarte ist nicht zufällig gewählt: Je näher die Farben im Spektrum beieinander stehen, desto ähnlicher sind sich die betreffenden Regionen auch in ihren jeweiligen Faunen.

Foto: Journal Science / AAAS

Frankfurt - 1876 veröffentlichte der britische Naturforscher Alfred Russell Wallace sein Buch "The Geographical Distribution of Animals", ein Standardwerk der Biologie. Es ging einher mit einer Weltkarte, in der die Erde nicht nach politischen oder geologischen Gesichtspunkten in Weltregionen eingeteilt wurde, sondern nach evolutionären. Als Maßstab zog Wallace heran, wie sich die bekannten Tierarten verteilen, und leitete daraus sechs sogenannte biogeographische bzw. zoogeographische Regionen ab.

Als grobe Einteilung ist die Wallace-Karte immer noch gültig. Wissenschafter haben die Karte inzwischen aber aktualisiert und insgesamt 20 Regionen bzw. elf großräumige Faunareiche herausdifferenziert. Letztere reichen flächenmäßig von der riesigen paläarktischen Region, die sich über ganz Europa, die Nordhälfte Asiens und die eigentliche Arktis erstreckt, bis zum vergleichsweise winzigen Lebensraum Madagaskar mit seiner einzigartigen Insel-Tierwelt.

Neue Daten eingeflossen

Als Grundlage wurden die aktuellen Verbreitungsdaten und Stammbäume von mehr als 20.000 Landwirbeltier-Arten herangezogen, wie das deutsche Senckenberg-Forschungsinstitut berichtet. Fast alle bekannten Säugetiere, Vögel und Amphibien sind in die Studie aufgenommen worden, die federführend von einem Team des Center for Macroecology, Evolution and Climate (CMEC) an der Universität Kopenhagen erstellt wurde. Für die Studie wurden über 20 Jahre hinweg Daten erhoben und ausgewertet. Ermöglicht wurde die neue Karte durch die moderne Technologie der DNA-Sequenzierung.

"Fast 140 Jahre nach Wallaces Version sind wir nun in der Lage, dank äußerst detaillierter Informationen zu Tausenden von Wirbeltierarten die natürliche Welt umfassend zu beschreiben", sagt Ben Holt vom CMEC, einer der Leitautoren der Studie. Susanne Fritz, die 2011 vom CMEC ans Biodiversität und Klima Forschungszentrum kam, betont, dass die neue Einteilung ein wachsendes Verständnis der globalen Zusammenhänge belegt: "Seit der Wallace-Karte wurden Tausende neue Arten entdeckt, die jetzt einbezogen werden konnten."

Bedeutung für Naturschutzmaßnahmen

Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Biodiversität und Klima Forschungszentrums, unterstreicht die Bedeutung der aktualisierten Wallace-Karte: "Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Verwandtschaftsbeziehungen der Arten zwingend in die Naturschutzplanung einbezogen werden müssen. Es macht einen Unterschied, ob eine Art unter vielen ähnlichen, nahe verwandten Arten ausstirbt, oder ob die Art der einzige und letzte Vertreter einer lange isolierten Stammeslinie ist." Ein Beispiel hierfür ist das auf der neuen Karte als eigene zoogeographische Region verzeichnete Madagaskar: Auf der Insel vor der Ostküste Mosambiks im Indischen Ozean leben zahlreiche verwandtschaftlich isolierte, einzigartige Wirbeltiergruppen, wie zum Beispiel das Fingertier. Dies wird in globalen Naturschutzinitiativen noch nicht hinreichend berücksichtigt.

Die Karte, die zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt wird, soll daher nicht nur die gesamte biologische Grundlagenforschung voranbringen, sondern auch neue Ansätze für die Planung von Naturschutzmaßnahmen und für das Management der biologischen Vielfalt liefern. (APA/red, derStandard.at, 23. 12. 2012)