Bewegungen von Magenkrebszellen wurden untersucht.

Foto: RWTH Aachen / Leube

Trotz der vielfältigen Methoden zur Behandlung von Krebs, ist er in den Ländern westlicher Zivilisation nach wie vor nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache. Krebs muss aber nicht immer tödlich verlaufen, je mehr die Medizin über die Krankheit, bei der das genetisch geregelte Gleichgewicht von Zellwachstum und -teilung und Zelltod gestört ist, weiß, desto aussichtsreicher ist die Therapie. Das interdisziplinäre Projekt Cancermotisys erforscht die Bewegung von Magenkrebszellen, und damit einen Bereich über den bislang noch wenig bekannt ist.

Viele Krebsarten gelten im Frühstadium als gut therapierbar. Sobald aber Metastasen gebildet werden, bei denen sich der bösartige Tumor in entferntem Gewebe ansiedelt, wird die Behandlung meist schwieriger. Mittlerweile weiß man, dass sehr bewegungsfreudige Krebszellen eher dazu neigen, Metastasen auszubilden, als jene, die sich kaum bewegen.

Wenn es gelingt, die Bewegungsfreudigkeit der Zellen einzuschränken, vermindert sich damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Tumor in anderen Körperregionen ansiedelt. Hauptziel des dreijährigen Forschungsprojekts Cancermotisys, das bis September diesen Jahres gelaufen ist, war es, die Gene zu identifizieren, die für die Wirkung eines Proteins, das in Tumorzellen überrepräsentiert ist, sagt Projektkoordinator Julian Mattes vom Software Competence Center Hagenberg. Für die Bewegung der Zellen sind sie von besonderer Relevanz.

Zwei österreichische Forschungsteams und vier Gruppen aus Deutschland haben sich an dem Projekt beteiligt. Gefördert wurde es von den Wissenschaftsministerien beider Länder im Rahmen des MedSys-Programms und des österreichischen Genomforschungsprogramms GEN-AU.

Genaktivität beobachten

Dabei konnten die Forscher zudem neue Einblicke in die Zellbewegung auf subzellulärer und molekularer Ebene gewinnen, sowie quasi nebenbei Techniken entwickeln, mit denen Zellbewegungen automatisch bestimmt werden können. Die Methode, die dabei verwendet wird, ist eine spezielle Form einer sogenannten Genexpressionsanalyse der Firma GenXPro, die eine Aussage über die Aktivität von Genen ermöglicht. Das Besondere bei der Methode ist, dass man die Gene ganz allgemein untersuchen kann und nicht schon "Verdächtige" im Auge haben muss.

Aufgrund der Komplexität der Fragestellung war sehr bald klar, dass das Thema nur in einer interdisziplinären Konstellation bearbeitet werden kann, meint Mattes, "der Bedarf an Interdisziplinarität ist einfach da". So ist eine Vielzahl an Forschungsfeldern beteiligt: Das Institut für Pathologie der TU München macht RNA-Analysen und Filme von Krebszellen, das Institut für Zellanatomie Aachen studiert Strukturen im Zellinneren, die für die Bewegung verantwortlich sind, und die Bioinformatikfirma Biomax versuchen, die Signalnetzwerke der involvierten Proteine zu dokumentieren und interaktive Karten davon zu erstellen. Mattes selbst hat Mathematik studiert und forscht in Hagenberg an der computergestützten Bewegungsanalyse und versucht dabei, die unterschiedlichen Bewegungsmuster mathematisch zu erfassen.

Außerdem ging es bei dem Projekt darum, auszuloten, welche Gene als Indikatoren dafür gelten können, dass ein spezielles Medikament bei einem bestimmten Patienten ansprechen wird. "Wir wollen eine gewisse Vorhersagekraft erreichen", sagt Mattes. Diese Forschungsarbeit ist auch als ein Schritt in Richtung personalisierte Medizin zu sehen, in der langfristig medizinische Behandlungen möglichst ideal auf den jeweiligen Patienten mittels Genanalyse und Computersimulation abgestimmt werden sollen. (Tanja Traxler, DER STANDARD, 24.12.2012)