Wien - Das neue Korruptionsstrafrecht nimmt ab Jänner auch den ORF in die Pflicht. ORF-Beschäftigte gelten künftig laut Gesetz als "Amtsträger", für die es bei Vorteilsannahmen und Vorteilszuwendungen strenge Verhaltensregeln gibt. Eine entsprechende interne Anweisung von Generaldirektor Alexander Wrabetz, die noch strenger ist, als es das Gesetz vorsieht, ging dieser Tage an alle Dienstnehmer des öffentlich-rechtlichen Senders. Darüber hinaus wurde Pia Scheck-Kollmann zur Compliance-Verantwortlichen des ORF bestellt.

Genehmigungen

Einladungen zu Restaurantbesuchen, Veranstaltungen und Reisen oder die Bereitstellung von Leihgeräten und Testautos bedürfen künftig der vorherigen Genehmigung durch die jeweiligen Dienststellenleiter und die neue Compliance-Verantwortliche. Das Annehmen von Vorteilen bis zu einer Wertgrenze von 100 Euro ist dabei nur nach vorheriger Genehmigung erlaubt. Ab 100 Euro is dies ohnehin gänzlich verboten. Geringwertige Aufmerksamkeiten wie Kalender, Kugelschreiber oder andere Reklameartikel sind vom Geschenkannahmeverbot ausgenommen.

Auch Einladungen, die ausschließlich dienstlichen Interessen dienen, dürfen erst nach Genehmigung angenommen werden. Dazu gehören etwa Pressekarten für verschiedene Veranstaltungen. Einladungen zu Veranstaltungen ohne vorherrschenden geschäftlichen Charakter dürfen ORF-Beschäftigte künftig gar nicht mehr annehmen. Eine Ausnahme bilden dabei Veranstaltungen, die Repräsentationszwecken dienen. Auch hier bedarf es freilich im Vorhinein der Genehmigung.

ORF-Mitarbeiter sind ab Jänner "Amtsträger"

Ebenfalls abgesegnet werden müssen Einladungen oder Vorteile, die von ORF-Beschäftigten an Amtsträger ausgesprochen werden. Amtsträger sind neben den Rechtsträgern des öffentlichen Rechts alle Organe und Beschäftigte von Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen. Neben dem ORF sind das etwa ÖBB, Asfinag, Flughafen Wien oder auch der Salzburger Festspielfonds.

ORF-Betriebsrat: "Ohne ausführliche Rücksprache mit Belegschaftsvertretung"

Befremdet über die ORF-Dienstanweisung in Sachen Compliance-Regeln zeigte sich ORF-Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Moser. "Verhaltensvorschriften dieses Umfangs - mögen sie auch gesetzlich nötig sein - ohne ausführliche Rücksprache mit der Belegschaftsvertretung zu erlassen, noch dazu in einer 'Horuck-Aktion' zwischen Weihnachten und Silvester, halte ich für wenig sinnvoll", so Moser.

"Das Gesetz kam ja nicht aus 'heiterem Himmel', es hätte also Zeit genug für ausführliche Beratungen gegeben." Einige Punkte des neuen "Kodex" scheinen Moser jedenfalls "heftig überzogen". Vor allem das Genehmigungsverfahren werde zu prüfen sein. "Wenn man die Dienstanweisung ernst nimmt, muss jetzt jeder Premierenbericht von Festspielen nicht nur vom redaktionellen Vorgesetzen in Auftrag gegeben, sondern auch noch nach 'Kodex-Regeln' genehmigt werden, weil die Pressekarte einen bestimmten Wert übersteigt? Soll selbiges auch für Sportgroßereignisse und so weiter gelten", fragt Moser.

Der ORF bewege sich "offenbar auf eine Verbürokratisierung der nicht nur journalistischen Arbeit zu", warnte der Zentralbetriebsratsobmann. "Das betrifft beispielsweise auch die Frage der außerdienstlichen Nebenbeschäftigungen, wo ebenfalls komplizierte und kaum durchschaubare Genehmigungspraktiken eingeführt worden sind, die bis heute jeder rechtlichen Grundlage - außerbetrieblich wie innerbetrieblich - entbehren." (APA,28.12.2012)