Die Festplattenabgabe erhitzt die Gemüter: Die einen sind dafür, die anderen dagegen

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Als erste Unterstützerin unterzeichnet Bettina Lorentschitsch die Initiative gegen eine Festplattenabgabe

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Gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich startet die "Plattform für ein modernes Urheberrecht" eine parlamentarische Bürgerinitiative gegen die Festplatten- beziehungsweise Leermedienabgabe. Bettina Lorentschitsch von der Wirtschaftskammer Österreich betont, dass sich die WKO "massiv gegen die Festplattenabgabe" einsetzen wird. Laut Lorentschitsch würden die 20.000 österreichischen KünstlerInnen bereits mit einer Urheberrechtsabgabe in der Höhe von 200 Millionen Euro unterstützt werden. Was mit diesem Geld konkret passiert, ist nicht klar, denn die Verteilung dieser Gelder obliegt den Verwertungsgesellschaften. Einen Versuch der Aufschlüsselung unternahm der grüne Politiker Michel Reimon, der die Urheberrechtsdebatte zu einer einer Debatte der Verwertungsgesellschaften deklarierte.

"Internetaffine" Zielgruppe könnte dem Handel den Rücken kehren

Die Festplattenabgabe und die Ausweitung ebensolcher auf die gesamte Bandbreite der Speichermedien hätte einen massiven Nachteil für den österreichischen Handel. Laut WKO würde es nirgends so hohe Urheberrechtsabgaben geben wie in Österreich. Dass der Konsument dadurch stärker belastet wird und der Kunde dem österreichischen Handel damit auf Dauer den Rücken kehren würde, sei leicht nachzuvollziehen. Besonders bei Computern und anderen Geräten sind die Kunden laut DiTech-Geschäftsführer und Plattform-Sprecher Damian Izdebski "internetaffin" und scheuen vor einem Einkauf im Ausland nicht zurück. Die Etablierung von Vergleichsportalen und die versandkostenfreien Lieferungen von ausländischen Firmen tragen auch dazu bei, dass der Wirtschaftsstandort Österreich auf Dauer geschädigt werden könnte.

Arbeiterkammer gegen Festplattenabgabe

Auch die Arbeiterkammer spricht sich gegen die Festplattenabgabe aus. In der vorgeschlagenen Form und Höhe wird die Festplattenabgabe entschieden abgelehnt. "Eine einseitige Verteuerung von Geräten und Festplatten benachteiligt im Verhältnis zum Ausland den Standort Österreich und bringt damit auch die Arbeitsplätze der betroffenen Wirtschaftszweige unter Druck", so Silvia Angelo als Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik in der Wiener Kammer gegenüber der APA.

Was denken die österreichischen BürgerInnen?

"Es geht hier nicht um die Abdeckung illegaler Downloads", so Lorentschitsch. Durch dieses Missverständnis in der Bevölkerung würde für den Konsumenten eine rechtsunsichere Lage herrschen. Die hohen Abgaben könnten sich auch negativ auf die Arbeitsplätze auswirken. "Wenn ein Multifunktionsdrucker 219 Euro kostet und die Urheberrechtsabgabe 108 Euro beträgt, hat der Händler am Schluss nur noch eine Gewinnspanne von 32 Euro", so Lorentschitsch. Deshalb wollte die "Plattform für ein modernes Urheberrecht", der sich neben DiTech auch Unternehmen wie Apple und Samsung angeschlossen haben, gemeinsam mit der WKO erörtern, wie die österreichischen Bürger zu den geplanten Leermedienabgaben stehen. 

67 Prozent gegen Leermedienabgabe

Die Umfrage wurde von "Public Opinion Strategies" unter Leitung von Dr. Peter Hajek geführt. Die Zielgruppe waren Menschen ab 16 Jahren, die Stichprobe umfasste 1000 Teilnehmer. Bei einer maximalen Schwankungsbreite der Ergebnisse von etwa +/- 3 Prozent wurde die Umfrage durchgeführt und kam zu dem Ergebnis, dass immerhin 82 Prozent der Befragten von der Urheberrechtsabgabe gehört haben. 64 Prozent der Befragten halten es für gerechtfertigt, dass Kunstschaffende entschädigt werden, wenn ihre Werke kopiert oder abgespeichert werden. Allerdings sprechen sich signifikante 67 Prozent gegen eine Urheberrechtsabgabe auf alle Speichermedien aus - unabhängig, ob der Käufer die Kopie legal kopiert hat oder nicht. 

Mehrfache Besteuerung ohne Gegenwert

"Es ist technologisch falsch, die Leerkassettenabgabe Eins zu Eins auf Festplatten zu übertragen", so Izdebski. Da der User mittlerweile so viel Content selbst produziert, sei es realitätsfremd, dass die Besteuerung mehrfach stattfindet. "Ein USB-Stick dient als Transfermedium, den man beispielsweise verwendet, um Bilder von einem Rechner auf den anderen zu übertragen", so Izdebski weiter. Würde man also Bilder einer Kamera auf einen Rechner speichern, diese dann auf einen anderen übertragen und ausdrucken, würde man mehrfach besteuert werden: Die SD-Karte in der Kamera, die Festplatte im Rechner, der USB-Stick, der andere Rechner und zusätzlich noch der Drucker. "Und das alles ohne Gegenwert oder zusätzliche Rechte für den Kunden". 

Eingriff in schwebendes Verfahren

Da der Obereste Gerichtshof bereits vor Jahren im sogenannten "Gericom-Prozess" festgestellt hat, dass die Festplattenabgabe nicht rechtens sei, sei die Abführung dieser "Steuer" fragwürdig. Die momentan aktiven Festplattenabgaben wurden laut Lorentschitsch somit einseitig verhängt und greifen in ein schwebendes Verfahren ein. Zudem müsste man die Beschlüsse in einem europäischen Kontext sehen. Da die Europäische Kommission für 2014 eine europäische Urheberrechtslösung anstrebt, könnte eine österreichische "Stand-alone-Lösung" auch schon bald wieder aufgehoben werden.

Urheberrechtsnovelle dringend notwendig

Die Plattform startet deshalb gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich am 15. Jännner 2013 eine parlamentarsiche Bürgerinitiative, die bis 22. Februar Unterschriften gegen die Festplatten- und Leermedienabgabe sammeln soll. Die Unterschriftenlisten werden auch an die Mitglieder der Wirtschaftskammer versandt. Wer die Initiative unterschreiben will, kann dies im österreichischen Handel tun, denn dort werden die Unterschriftenlisten aufliegen. Ziel sei es, zumindest 10.000 Unterschriften zu sammeln. Zusätzlich sprechen sich beide Parteien für eine Urheberrechtsnovelle aus. Diese müsse aber, so Lorentschitsch, unter Einbeziehung aller Parteien erfolgen. 

Eigene Studie von "Kunst hat Recht"

In der Zwischenzeit hat die Initiative "Kunst hat Recht" eine eigene Studie zitiert, die vom GfK durchgeführt wurde. So sollen sich laut dieser Studie durchschnittlich 2.716 Musiktitel, 1.339 Fotos und Bilder, 317 urheberrechtlich geschützte Texte sowie 301 Filme und 91 Hörbücher auf österreichischen Festplatten befinden. Rechnet man sich das aus und nimmt an, dass ein Song etwa vier MegaByte Speicherplatz einnimmt, ein Foto in etwa 700 kB, ein Film ein Gigabyte, eine Textdatei 50 kB und ein Hörbuch 26 Megabyte, kommt man auf eine Festplattengröße von mindestens 314 Gigabyte (Berechnung durch den WebStandard). Nimmt man an, dass Laptops standardmäßig zwischen 128 und 500 Gigabyte Speicher haben, wirkt diese Zahl etwas hoch. Die Stichprobe der Studie beträgt ebenfalls 1.000 Befragte. "Kunst hat Recht" sieht sich in der Studie bestätigt und meint, dass diese "längst überfallige Einführung" die "fairste Lösung" für die KonsumentInnen darstellen würde. (iw, derStandard.at, 15.1.2013)