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Flexibel handeln, Beziehungen managen, Leitlinien vorgeben und Raum für Innovation schaffen: wer in Zukunft führen will, sollte sich schon jetzt mit diesen Themen auseinander setzen.

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Vor welchen Hintergründen, in welchen wirtschaftlichen Umfeldern werden Unternehmenslenker im Jahr 2030 stehen, womit werden sie zurechtkommen müssen? Und wie können mögliche Wege aussehen, um die eigene Zukunft als Führungskraft produktiv und auch tunlichst positiv zu gestalten? Wie kann man die in den vergangenen zwanzig Jahren entstandenen und entwickelten Konzepte von Management und Arbeit ganz allgemein in die Zukunft bringen - welche davon werden sich erübrigen, welche davon werden wichtig sein? Was ergibt sich aus der Verknüpfung aktueller Trends wie "female shift", "war for talents", Globalität, vernetzte Welten sowie neue Arbeitsformen? Viele Fragen und große Ungewissheit.

Zum 60-jährigen Bestehen beschenkte sich die Unternehmensberatung Signium International mithilfe des Zukunftsinstitutes mit möglichen Antworten auf heute schon brennende Fragen - gestaltet in einer ausführlichen Studie mit dem Titel "Unternehmensführung 2030 - Innovatives Management für morgen" Grundvoraussetzung für die gute Vorbereitung für morgen ist, sind die Studienautoren überzeugt, eine andere Haltung und neues Wissen jenseits der noch immer gerne angewandten Managementtechniken aus dem 19. Jahrhundert - und legen zunächst drei Grundthesen als Untermauerung ihrer Überzeugung vor:

  • Komplexität nimmt zu Laut einer global durchgeführten IBM-Studie aus 2010 - 1500 CEOs wurden befragt - rechnen 79 Prozent mit zunehmender Komplexität - und mehr als die Hälfte der befragten Unternehmenslenker bezweifelt, dieser Herausforderung gewachsen zu sein. Die wichtigsten Qualitäten, um dieser zunehmenden Komplexität "habhaft" zu werden, sie managen zu können, sind laut Befragung Kreativität (60 Prozent), Integrität (52 Prozent) und Globales Denken (35 Prozent).

  • Steuerung greift nicht mehr Steuerung und Regelung sind geeignete Konzepte für absehbare Entwicklungen - was aber kommt danach? In komplex-instabilen Situationen müsse Selbstorganisation greifen. Und es müsse eine gänzlich neue Art gelernt werden - von Visionsentwicklung bis hin zur Bereitschaft, mit Verunsicherung und Leistungseinbrüchen gut umzugehen. Womit Punkt drei unumstößlich scheint.

  • Management muss neu erfunden werden Mit "kosmetischen Veränderungen" komme man den anstehenden Veränderungen und Herausforderungen keinesfalls bei, so die Studienautoren. Über die Notwendigkeit eines anderen, neuen Managementansatzes sei man sich einig, dennoch sei man sich nicht im Klaren darüber, wie modernes Management aussehen muss.

Zentrale Handlungsfelder

Immer mehr Entscheidungen "unter Unsicherheit treffen zu müssen und trotz steigender Komplexität und ständiger Bewegung für eine klare Ausrichtung zu sorgen", quasi auf Treibsand zu agieren, wird jeden Manager und jede Managerin fordern. Dabei die eigene Energie und Motivation sowie auch die der Mitarbeiter aufrechtzuerhalten wird zu einer persönlichen Herausforderung für alle Führungskräfte, die auch mit konventionellen Führungsmethoden kaum zu schaffen sein wird, sind die Studienautoren überzeugt. Und das nur als Beginn einer langen Aufzählung an Herausforderungen - ebenso zu berücksichtigen gilt es die zunehmende Individualisierung der Arbeitswelt, die älter werdende Gesellschaft, die Notwendigkeit, Diversität in den Unternehmen intelligent zu verankern, um sie auch gut nutzen zu können.

Auch der eklatante Fachkräftemangel oder der Umgang mit neuen Medien, mit anderer Kommunikation, die in einer noch rascher zusammenwachsenden Welt (Globalisierung) immer stärkere Ursache-Wirkung-Mechanismen spürbar machen werden, sind Teil einer langen Liste an Herausforderungen, mit denen Manager - nebst sogenanntem Tagesgeschäft - umgehen lernen müssen.

Vier Handlungsfelder für die "Führung der Zukunft" haben die Studienautoren dafür als zentral definiert:

  • Flexibilität managen Wie schaffen es Manager künftig, das Spannungsfeld zwischen Agilität und Orientierung in Balance zu halten? Arbeit werde projektorientiert sein, es wird mit kleineren Kernteams gearbeitet. Zusätzlich geht man von "flexibel einsetzbaren personellen Ressourcen" aus - sprich: mehr Zeitarbeit. Temporär sollen "hochqualifizierte Experten" dann über Agenturen vermittelt werden und so ihren individuellen Marktwert immer weiter steigern können.

    Für Führungspositionen sollen Teilzeitlösungen beliebter werden - durch neue Formen der Zusammenarbeit (z. B. Offshore-Working oder Arbeitsmodelle mit mehreren Monaten Auszeit im Jahr), und auch über Projekte könne Führungsverantwortung leichter geteilt werden. Im Niedriglohnbereich werde es eine Vielzahl an "fest freien" Mitarbeitern geben. "Für einzelne, standardisierbare Jobs können sie im Intranet des Unternehmens für Auftrage bieten und sich dort gleich mit ihren Teams koordinieren", heißt es weiter.

    Wenn sich aber die gelebte Arbeitsrealität schneller bewegt als die "innere Landkarte" der Führungskräfte, erfordere das eine "dauernde Überprüfung der mentalen Modelle" und einer permanenten persönlichen Weiterentwicklung. Auch seien Mitarbeiterloyalität nicht zuletzt auch aufgrund der kurzen Verweildauer während einzelner Projekte in Gefahr. Dagegenhalten soll hier ein Chief Branding Officer (CBO), der Orientierung nach innen stärken und die Unternehmensmarke nach außen - auch an (potenzielle wie temporäre) Mitarbeiter - verkaufen soll. 

  • Kohäsion herstellen Gutes (globales) Beziehungsmanagement wird zu einer zentralen Managementaufgabe. Führungskräfte der Zukunft müssen die Fähigkeit besitzen, nicht nur in Entweder-oder-Kategorien zu denken, sondern vor allem Raum für verschiedene Sichtweisen zu schaffen. Widerstand und divergierende Interessen sowie Konflikte werden nämlich in einer zunehmend dezentral gestalteten Wirtschaft zum Normalzustand, so die Studienautoren weiter. Umso wichtiger werden ausgeprägte Beziehungsskills sein. "Je fließender und flexibler die Arbeitsprozesse, desto wichtiger werden Kommunikation und die Fähigkeit, Mitarbeiter über intelligente Feedback- und Austauschsysteme im Unternehmen zu koppeln und zu synchronisieren. Führungskräfte nehmen dadurch - und auch durch ihre ständigen Rollenwechsel in einzelnen Projekten - die zentrale Rolle eines Kulturträgers an. 

  • Sinn erzeugen, Verantwortung für Gesellschaft und Mitarbeiter tragen Die Handlungsfelder und Aufgaben von Unternehmen, Politik und Gesellschaft kommen sich in Zukunft näher - das macht das Denken in größeren Zusammenhängen und längeren Zeithorizonten immer wichtiger, dies auch, wenn Profit und Wachstum nach wie vor wesentliche Leitlinien unternehmerischen Handelns bleiben werden.

    "Governance-Richtlinien sind gut", heißt es weiter, "eine durch Personen getragene, glaubwürdige Orientierung an Werten ist besser." Denn eine sichtbare Orientierung an Machtinteressen und eindimensionalen Ergebniskriterien werden von der Öffentlichkeit geahndet, heißt es weiter. Noch stärker werde es darum gehen "Farbe zu bekennen". Themen wie Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility sind dann keine ausgelagerten Abteilungen mehr, sondern Teil eines jeden Business-Alltags.

    Die Vermittlung von Sinn wird künftig auch im Recruiting eine herausragende Rolle spielen - potenzielle Mitarbeiter brauchen einen attraktiven Ausblick; Recruiting, heißt es weiter, wird zu einer zentralen Unternehmensfunktion. Employer-Branding wird zur Chefsache. 

  • Lernfelder eröffnen An Innovation führt in Zukunft kein Weg mehr vorbei - Kreativität und Inspiration werden zentrale Themen sein. Aufgabe der Führungskraft ist es, dann entsprechende Freiräume dafür zu schaffen. Heißt: Es wird vieles davon abhängen, welche Personen, Kompetenzen und welche Form kreativen Schaffens die Manager vernetzen und somit Raum für neues Lernen schaffen können. Führungskräfte werden dafür auch die Rolle eines "Irritators", eines Hofnarren, einnehmen müssen, um Neues anzustoßen. Lernen, darin sind die Studienautoren sicher, wird nicht nur im Unternehmen selbst stattfinden, sondern vor allem an den Schnittstellen nach außen. In diesem Kontext wird Führung wenig sichtbar sein, massiv mit Vertrauen in Vorleistung gehen müssen, dafür aber ermöglichen. (Heidi Aichinger, ManagementSTANDARD, 19./20.1.2013)