Irene Kloimüller plädiert für mehr praktische Spiritualität in der Arbeitswelt.

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Im Zuge meiner Beratungsarbeit zum nachhaltigen Personalmanagement hatte ich in den letzten Jahren eine Anzahl von Begegnungen mit Management und Führungskräften, die mir in besonderer Erinnerung geblieben sind. Die Dialoge und die Zusammenarbeit mit diesen Menschen waren von besonderer Qualität geprägt. Es begegneten mir Persönlichkeiten, die nicht dem Turbokapitalismus weitere Beschleunigungskicks gaben oder ihrem persönlichen Hedonismus frönten, sondern für mich spürbar nach einem achtsamen, würdevollen und intelligenten Zusammenleben in Wirtschaft und Gesellschaft streben.

Führungskräfte, die sich nicht nur mit Planungsmodellen, Organisationsplänen und Kriterien für Leistungsbewertung beschäftigen, sondern über Werte, Sinnorientierung und Ethik von Führung und über den unternehmerischen Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft nachdenken. Ich bezeichne diese Führungskräfte als beseelt, hier findet praktische Spiritualität außerhalb des religiösen Kontextes statt.

Wodurch zeichnen sich diese Führungskräfte aus:

  • Sie sind meist sehr visionär und inspirieren andere, aktiv zu werden, zu handeln, ins Tun zu kommen. Sie versuchen ihre Vision gemeinsam mit anderen umzusetzen.
  • Sie übernehmen Verantwortung für das was sie tun, selbstverständlich, aus ihren Grundwerten heraus.
  • Sie leben "Be"ziehung und haben einen wertschätzenden Umgang mit anderen.
  • Sie öffnen Räume für Mitarbeiter für deren schöpferische Kreativität.
  • Sie sind generell offen für Neues, gegenüber Diversität und "anders sein".
  • Sie verstehen, respektieren und ermutigen unterschiedliche Führungsstile in ihren Teams.
  • Sie sind Freigeister, hinterfragen kritisch konstruktiv und äußern couragiert ihre Gedanken.
  • Sie haben einen Zugang zu ihren inneren Bildern und vertrauen ihrer Intuition.
  • Sie stellen sich in den Dienst der Sache, nicht in den ihrer eigenen Geltung (gemäß P. F. Drucker).

Der Dalai Lama bezeichnet Spiritualität als die volle Entfaltung derjenigen menschlichen Werte, die für das Wohl der Menschen unabdingbar sind. Erst die spirituelle Dimension bringt unser ganzes menschliches Potenzial zur Entfaltung, denn sie eröffnet einen Weg der inneren Wandlung, der die Welt verwandeln kann.

Umgelegt auf Management und Führung bedeutet das, dass wenn von Führungskräften solche Werte gelebt werden können, durch die Entwicklung und Wertschätzung ihrer MitarbeiterInnen unglaubliche Kräfte freigesetzt werden und damit eine hohe ethische Wertschöpfung ermöglicht wird.

Die Arbeitswelt wäre eine produktivere und schönere, würden wir mehr in das Potenzial der praktischen Spiritualität vertrauen. (Irene Kloimüller, ManagementStandard, 19./20.1.2013)