Norbert Darabos muss also Plan B umsetzen. Jene Reform des Grundwehrdienstes, die er vor zwei Jahren mutwillig abgebrochen hat, wird nun hervorgezaubert - der eben noch vom Minister als megasinnlos gebrandmarkte Zwangsdienst mit der Waffe soll so attraktiv wie möglich werden.

Das liegt im Interesse jener Mehrheit, die am Sonntag für ein Weiterbestehen der Wehrpflicht gestimmt hat. Es müsste auch im Interesse der ÖVP liegen, die für dieses Ergebnis geworben hat - und Darabos ist politischer Profi genug, um die Chance zu erkennen, die sich in diesen Tagen auftut: Jetzt, wo die Mehrheit in der Bevölkerung für die Wehrpflicht ist, könnte es auch eine parlamentarische Mehrheit dafür geben, dem Bundesheer mehr Geld für substanzielle Verbesserungen bei Ausstattung und Ausbildung zur Verfügung zu stellen.

Darabos hat gleich einmal die Hand aufgehalten - offensichtlich hat er eingesehen, dass ein vernünftig gestalteter Grundwehrdienst mehr Geld benötigt. Er hat lange für diese Erkenntnis gebraucht: In seinen ersten Amtsjahren wollte er sich als Sparmeister bei den Eurofightern darstellen, später dann hat er das Märchen verbreitet, dass ein Berufsheer um dasselbe Geld zu haben wäre wie das derzeitige Wehrpflichtigenheer.

Das kam ganz gut an: Die Österreicher glauben ihren Politikern gern, dass es Sicherheit (fast) zum Nulltarif gäbe - seit Jahrzehnten hat Österreich eines der niedrigsten Verteidigungsbudgets in Europa.

Gewaltiger Apparat

Zudem hat dieses Budget eine ganz schlechte Struktur: Der Anteil für Personal steigt ständig, weil die politische Führung versäumt hat, auf Zeit verpflichtete Soldaten auch tatsächlich nach Ablauf der Zeit loszuwerden. Stattdessen hat man sie in einem gewaltigen Apparat untergebracht - das Bundesheer ist heute ein Berufsheer, das sich nebenbei der Ausbildung von Wehrpflichtigen widmet, die man aber nie zur Verteidigung einzusetzen gedenkt.

Solcher Schwachsinn gehört abgestellt. Das Ergebnis der Volksbefragung eröffnet die Möglichkeit, das Bundesheer auf seinen verfassungsmäßigen Auftrag hin zu strukturieren: Es geht um ein Milizheer, das sich ständig durch Wehrpflichtige ergänzt.

Dass man dafür mehr Geld brauchen würde, hat schon vor Jahren die Zilk-Kommission festgestellt - nur wollte diesen Teil ihres Berichts keiner hören: Nicht einmal der damals zuständige Minister Günther Platter (ÖVP) stritt für eine massive Budgetausweitung. Nachfolger Darabos nahm zur Kenntnis, dass das Heer mit kleinen Korrekturen nicht zu sanieren ist. Die eine große Änderungsmöglichkeit, der Umbau zu einem Profi-Heer, ist ihm nun verbaut.

Die andere Möglichkeit, die konsequente Ausrichtung auf eine Einsatzarmee, für die die Wehrpflichtigen bestmöglich ausgebildet werden, ist schwierig, wie Darabos kleinlaut zugegeben hat.

Besonders schwierig wird diese Reform aber dadurch, dass die ÖVP jetzt versucht, innenpolitisches Kleingeld zu schlagen: Dass sie eine Budgetaufstockung rundweg ablehnt, könnte dazu führen, dass sich im Bundesheer wieder nichts ändert. "Weiter so!" ist kein Konzept, mit dem das Bundesheer fit gemacht werden kann. Es braucht eine Verjüngungskur und eine Schwerpunktsetzung bei der Ausbildung - wann, wenn nicht jetzt, sollte man das finanzieren können?
 (Conrad Seidl, DER STANDARD, 22.1.2013)