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"Ein Drittel aller Krebserkrankungen sind vermeidbar", sagt der Präsident der Österreichischen Krebshilfe, Paul Sevelda. Er fordert einen überparteilichen nationalen Schulterschluss, um rasch jene Programme einzuführen, die sich in anderen Ländern bewährt haben.

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Der diesjährige Weltkrebstag am 4. Februar steht weltweit unter dem Motto "Krebs - Wussten Sie ...". Erklärtes Ziel der Österreichischen Krebshilfe ist es, mit den vier häufigsten Mythen rund um das Thema Krebs aufzuräumen und die Bevölkerung sowie die Politik über Fakten und notwendige Schritte zu informieren.

Mythos 1: Krebs ist eine reine Gesundheitsfrage

"Krebs ist keine reine Gesundheitsfrage", stellt die Österreichische Krebshilfe klar. Abgesehen vom Schock der Diagnose, der verständlichen Angst um die Gesundheit und dem menschlichen Leid, habe eine Krebserkrankung fast immer auch weitreichende wirtschaftliche und soziale Auswirkungen für Patienten, Angehörige, Arbeitgeber, Arbeitnehmer sowie für das Gesundheitssystem, zum Beispiel in Bezug auf Jobverlust, vorzeitige Pensionierung, Pflegebedarf oder unzureichende Sozialversicherung bei Selbständigkeit.

Mythos 2: Krebs ist eine Erkrankung älterer Menschen

Jährlich erkranken in Österreich etwa 37.000 Menschen an Krebs. Er trifft Kinder, Jugendliche, Erwachsene und ältere Menschen.  Bei Männern treten 16 Prozent aller Krebserkrankungen vor dem 55. Lebensjahr auf, bei Frauen sind es 23 Prozent. Es zeigt sich zwar eine deutliche Zunahme des Erkrankungsrisikos mit steigendem Alter, dennoch gibt es Krebsarten, die vorwiegend Kinder und junge Menschen treffen, darunter Leukämie oder Krebserkrankungen des lymphatischen Systems.

Mythos 3: Krebs ist ein Todesurteil

Viele Krebsarten, die noch vor Jahren einem Todesurteil gleich kamen, können heute aufgrund von implementierten Früherkennungsprogrammen und Fortschritten in der Therapie geheilt werden, oder das Leben der Patienten maßgeblich bei bestmöglicher Lebensqualität verlängert werden.

Mythos 4: An Krebs zu erkranken ist Schicksal

Es gilt als erwiesen, dass ein Drittel aller Krebserkrankungen durch entsprechende Maßnahmen vermieden werden könnten:

  • Ein gesunder Lebensstil mit gesunder Ernährung, verantwortungsvollem Konsum von Alkohol, ausreichend Bewegung und einem verantwortungsvollen Umgang mit Sonne kann das Risiko einer Krebserkrankung reduzieren.
  • Nicht Rauchen: Rund eine Milliarde Menschen werden im 21. Jahrhundert durch das Rauchen ihr Leben verlieren. Es ist erwiesen, dass Rauchen für 71 Prozent aller Lungenkrebs-Todesfälle und 22 Prozent aller anderen Krebs-Todesfälle verantwortlich ist.
  • Jede sechste Krebserkrankung weltweit wird von Infektionen verursacht, die größtenteils vermeidbar oder behandelbar wären. Vor allem Infektionen durch Humane Papillomaviren (HPV), Bakterien wie Helicobacter pylori oder Hepatitis B- und C-Viren (HBV und HCV).
  • Früherkennung von Krebs: Es ist erwiesen, dass Krebsfrüherkennungs-Programme wie das Brustkrebs- oder Dickdarm-Screening in jenen Ländern, in denen diese Programme bereits etabliert sind, beachtliche Erfolge erzielen.

Krebshilfe fordert einen nationalen Schulterschluss

"Die Fakten liegen auf dem Tisch: Ein Drittel aller Krebserkrankungen sind vermeidbar", sagt der Präsident der Österreichischen Krebshilfe, Paul Sevelda. Er fordert einen überparteilichen nationalen Schulterschluss, um alle Vorkehrungen zu schaffen, rasch jene Programme einzuführen, die sich in anderen Ländern bereits bewährt haben.

Als einen "Meilenstein" im heimischen Gesundheitswesen bezeichnet er die Einführung des nationalen Brustkrebs-Früherkennungsprogrammes im Herbst 2013. Unumstritten sei auch die Relevanz eines nationalen Darmkrebs-Früherkennungsprogrammes. "Wir hoffen sehr, dass dies ebenfalls bald Realität wird, denn die Darmspiegelung ab dem 50. Lebensjahr kann Darmkrebs weitgehend vermeiden", so Sevelda.

Dass es in Österreich entgegen der Impf-Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als einzigem Land in Europa noch kein öffentliches HPV-Impfprogramm gebe oder ein solches beschlossen wurde, kritisiert der Experte. Er appelliert seit Jahren wiederholt an die politisch Verantwortlichen, ein öffentliches und österreichweites HPV-Impfprogramm einzuführen.

Krebs darf nicht in die Armutsfalle führen

Krebspatienten müssten davor geschützt werden, durch die Erkrankung unverschuldet in finanzielle Not zu geraten, fordert die Krebshilfe. Dazu gehört unter anderem auch die Einführung eines stufenweisen Wiedereinstieges in das Arbeitsleben nach Krebs. In Österreich ist für Krebspatienten der berufliche Wiedereinstieg so geregelt, dass sie sofort wieder voll (100 Prozent der Normalarbeitszeit) zu arbeiten haben. In anderen Ländern ist es dagegen möglich, stufenweise wieder ins Arbeitsleben zurück zu finden, was die Gewöhnung an die Beanspruchung erleichtert und verhindert, dass der Arbeitnehmer womöglich schnell wieder ausfällt.

Mit 895 Milliarden Dollar bezifferte eine Studie aus dem Jahr 2010 die wirtschaftlichen Folgen von Krebs (für 2008). "Damit ist Krebs auch aus wirtschaftlicher Sicht ein weltweit sehr vielfältiges gesundheitliches Problem", zeigt der Krebsexperte Christoph Zielinski auf. "Wenn wir also alles erdenklich Mögliche tun, um Krebserkrankungen zu vermeiden oder frühest möglich zu erkennen und bestmöglich zu therapieren, dann können wir Menschenleben retten und 'sparen'. Dazu bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung und dem nationalen und überparteilichen Schulterschluss, in die Vermeidung von Krebs, die Früherkennung, modernste Therapien und die Forschung zu investieren," appelliert Zielinski. (red, derStandard.at, 29.1.2013)