Bild nicht mehr verfügbar.

Statt großer Dekolletés dominieren die derzeitigen Kollektionen hochgeschlossene Kleider.

Foto: AP/Luca Bruno

Es ist an der Zeit, über ein Thema zu schreiben, das überall schwer in der Luft hängt, nur nicht in der Mode. Es geht um die weibliche Brust. Vor allem in Deutschland hat sie in der politischen Debatte derzeit eine prominente Stellung inne, in der Mode ist sie dagegen kein Thema. Ja, die Hamburger Zeit konstatierte bereits vor einigen Wochen einen länger anhaltenden Trend: "Es ist eine Abkehr von der Brust in der Mode zu beobachten." Statt großer Dekolletés dominieren die derzeitigen Kollektionen hochgeschlossene Kleider (Céline), statt weiter, runder Ausschnitte enge Schlitze (Jil Sander), statt baren Hälsen Krägen, die selbst noch in den kommenden Frühjahrskollektionen wie Rollis anmuten (Givenchy).

Apfelgröße

Und schneidet dann einmal jemand von den Herren und Frauen Modeschöpfern ein Kleid bis zum Bauchnabel auf, wie dies etwa Donatella Versace oder Roberto Cavalli so gern machen, dann ist auch hier die Brust eher eine ferne Ahnung als eine sichtbare Tatsache. "Mittlerweile gibt es in der Mode nur noch eine akzeptierte Form, nämlich die Apfelgröße, die mit Schalen-BHs in Form gepresst wird", beobachtete die Zeit. Wer mehr zu bieten hat, der hat es in der Mode schwer - in den Medien hat es das Dekolleté dagegen entschieden leichter.

Was uns die Mode damit sagen will? Vielleicht hat sie ja plötzlich ihr Verantwortungsbewusstsein entdeckt und leitet ihren Beitrag dazu, (Politiker-)Voyeure und Grapscher auszubremsen. Löblich wäre es ja, realistisch ist es aber zugegebenermaßen nicht. (Stephan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 1.2.2013)