Redakteurin, 42, zwei Kinder, seit 18 Jahren bei Radio Ö1

Für mich bedeutet es täglich ein Gefühl der Demütigung, familiären Stress, gesundheitliche Schäden, wirtschaftliche Abhängigkeit - von Mann und Eltern sowie Erklärungsnotstand gegenüber meinen Kindern, ich zitiere: "Mama, warum hast du so wenig Geld, obwohl du immer so viel arbeitest?" Ich hab mit dem Radiojournalismus endlich etwas gefunden, wo ich meine Liebe zur Sprache, meine Willen zum gesellschaftspolitischen Engagement und mein Interesse für menschliche Beziehungen und soziale Bedingungen beruflich umsetzen kann. Mit Ö1 hab ich einen Sender gefunden, den ich selber gern höre und mit dessen Inhalten und Ansprüchen ich mich als Mitarbeiterin identifiziere. Was mich außerdem hält sind die positiven Rückmeldungen meiner Redakteure und der HörerInnen auf meine Arbeit, die nette KollegInnenschaft und die Hoffnung auf gerechte Entlohnung.

Redakteurin, 34, seit acht Jahren bei Radio Ö1

Der magere Verdienst bedeutet für mich, dass ich mit Mitte 30 lebe wie andere mit Anfang 20: ich habe kein Auto, wohne in einer Bruchbude, mache keine Urlaubsreisen und bin gezwungen laufende Kosten (ja, auch die Heizung läuft nicht ständig!) niedrig zu halten. Was meinen Lebensstil von dem einer Studentin vielleicht unterscheidet, ist: Ich habe ein Jahrzehnt Berufserfahrung in der Firma, ich  werde in Dienstpläne eingeteilt, und ich muss Familienmitgliedern finanziell hin und wieder über die Runden helfen (nicht sie mir). Außerdem: Ich trage Verantwortung für Inhalte, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk publiziert werden. Das ist ein skurriler Spagat, der auf Dauer nicht bewältigt werden kann.

Ich halte viel auf das Prinzip eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks, und es ist mir eine Ehre, meistens auch eine Freude, dazu beitragen zu können. Was der ORF, und insbesondere Ö1 und FM4, zur Meinungsbildung, Aufklärung und Demokratie beiträgt, ist unersetzbar. Zudem - und das sind meine persönlichen Gründe - schätze ich das Arbeitsumfeld, die Kolleginnen und Kollegen, die Vielfalt an Themen und Gestaltungsmöglichkeiten von Radiobeiträgen. Ein gutes Gefühl: Ich weiß, dass meine Arbeit und Kompetenz anerkannt werden. Und es wird Zeit, dass sich das auch auf dem Lohnzettel niederschlägt.

Redakteurin, 30, seit acht Jahren bei Radio Ö1

Ich arbeite jetzt das achte Jahr ausschließlich und Vollzeit für Radio Ö1. Um außerordentliche Ausgaben begleichen zu können, wie zuletzt die dringend notwendige, komplizierte Zahnarztbehandlung, musste ich meine Eltern - mein Vater ist Pensionist - um Hilfe bitten. Meine letzte Beziehung ist zerbrochen, weil ich mich ob finanzieller Sorgen dazu gezwungen war, viel zu oft viel zu lange zu arbeiten. Mit Abstand am Schlimmsten ist, länger krank zu sein, währenddessen nichts zu verdienen und beim Arzt 20 Prozent Selbstbehalt übernehmen zu müssen.

Für Radio Ö1 arbeite ich noch, weil die Tätigkeit selbst eine erfüllende ist und man ein Stück weit seinen Idealismus ausleben und den Journalismus pflegen kann."

Redakteurin, 29, seit fünf Jahren bei Radio FM4

Ich bin seit 5 Jahren freie Mitarbeiterin bei FM4. Ich sitze täglich mindestens genauso lange in der Redaktion, wie meine angestellten KollegInnen. Ich habe einen Studienabschluss und leiste dieselbe Arbeit. Als ich letztes Jahr auf Wohnungssuche war, haben mich zahlreiche Vermieter abgelehnt, weil ich kein regelmäßiges bzw. ausreichendes Einkommen nachweisen konnte. Ich arbeite trotzdem für FM4, weil wir gesellschaftlich relevante Themen behandeln und mit unseren HörerInnen in Dialog treten. Mit unserem Programm bringen wir Menschen zum Nachdenken und bereiten ihnen Freude. 

Redakteur, 48, zwei Kinder, seit 15 Jahren bei Radio Ö1

Seit 15 Jahren arbeite ich als freier Mitarbeiter bei Radio Ö1, nur phasenweise Vollzeit, leider, weil ich in den anderen Phasen Geld dazuverdienen musste, um über die Runden zu kommen. Leider kann ich so nicht mehr weitermachen. Es geht sich trotz äußerster Sparsamkeit wirklich nicht mehr aus. Ich arbeite (noch) für Ö1, weil ich noch immer an die Notwendigkeit einer vierten Säule in einer funktionierenden Demokratie glaube. Und weil ich wahrscheinlich verrückt bin."

Redakteurin, 39, seit sieben Jahren bei Radio Ö1

In schlaflosen Nächten mach ich mir Sorgen, im Alter unter der Brücke zu enden. Vom prekären ORF-Einkommen werde ich nie eine Pension bekommen, von der man existieren kann. Sich Geld auf die  Seite zu legen oder gar erst eine eigene Wohnung zu kaufen, ist bei diesem Einkommen völlig illusorisch. Wie sich richtiger Urlaub anfühlt, weiß ich gar nicht mehr, weil ich jede Reise in eine Radioreportage verwandeln muss, um sie mir überhaupt leisten zu können. Wenn ich eine neue Küche brauche, muss ich demütig und kleinlaut meine Mama um Geld anschnorren. Ich bin fast 40 Jahre alt und arbeite seit mehreren Jahren Vollzeit für den ORF.

Trotz allem arbeite ich immer noch für Ö1, weil es eine der spannendsten Tätigkeiten ist, die man sich vorstellen kann. Weil ich es liebe, verborgene Seiten der Welt kennenzulernen und mit  interessanten Menschen zu sprechen.

Redakteur, 42, zwei Kinder, seit sechs Jahren bei Radio Ö1

Wir, die wir erst seit ein paar Jahren dabei sind, büßen für ein überkommenes System. Ich habe es satt darum zu betteln, monetär als Moderator akzeptiert zu werden, was ich de facto einfach bin. Keine Job-Description entspricht noch der Wahrheit. Es ist keine Gnade, es ist die Aufgabe der Geschäftsführung, illegale Beschäftigungsverhältnisse sofort in reguläre umzuwandeln und es ist die  Aufgabe des Stiftungsrates genau das zu überprüfen!

Stattdessen müssen es sich die Freien gefallen lassen, im Kreis geschickt zu werden, weil die Zuständigkeiten für Verhandlungen in 18 Monate langen Verhandlungen noch nicht geklärt werden konnten. Konkret bedeutet es: wirklich gut bezahlte Menschen in diesem Unternehmen, nehmen ihre Verantwortung auf Kosten vieler Vielarbeiter, die noch dazu den öffentlich rechtlichen Inhalt liefern, schlicht nicht wahr !!!

Ich arbeite noch bei Ö1, weil ich dafür stehen möchte, wofür der ORF - speziell Ö1 - für mich seit meinen ersten bewussten Radio-Erlebnissen stand: Qualität und Hör-Heimat der Kultur-Interessierten. Ich möchte meinen Beitrag für diesen so konkurrenzlosen Sender beitragen, weil dieses Flaggschiff der Qualität im nivellierten Mediensumpf wichtiger ist, denn je. Und ich verlange verdammt noch einmal, dass die Verantwortlichen die Möglichkeiten dafür erhalten und verbessern! (red, derStandard.at, 30.1.2013)