Der Papst konvertiert zum Islam, die Rolling Stones treten zurück, Felix Baumgartner springt vom Mars auf die Erde. Dort herrscht Weltfrieden, niemand leidet Hunger. 99 Prozent der jungen Österreicherinnen und Österreicher leisten Wehrdienst und anschließend freiwillig noch Zivildienst, weil sie da wie dort viel fürs Leben lernen und toll bezahlt werden. Und dann, genau dann, wird Wien die Olympischen Sommerspiele ausrichten.

Laut Stadtregierung könnte es 2028 so weit sein. Zunächst einmal will Bürgermeister Michael Häupl von der Bevölkerung wissen, was diese denn von einer Bewerbung halten würde. "Vom Spirit her", sagt Häupl, hätte er "weniger London, sondern vielmehr Barcelona vor Augen". Zur Erklärung: Barcelona hat die Sommerspiele 1992 dazu genützt, ein unschönes Hafenviertel wirklich schön herzurichten, davon profitiert die Stadt bis heute. Zur weiteren Erklärung: seit Barcelona 1992 hat sich der Aufwand einer Olympia-Ausrichtung vervielfacht. Die Sicherheitskosten sind explodiert, London 2012 gab allein dafür 1,5 Milliarden Euro aus. Das Gesamtbudget betrug letztlich knapp 15 Milliarden Euro. Fünfzehn. Milliarden. Euro.

In London waren einige tolle Sportanlagen schon vorhanden (Wembley-Stadion, Wimbledon!), viele weitere tolle Sportanlagen wurden nur so aus dem Boden gestampft. Bei den meisten war die Frage der Nachnutzung lange vor den Spielen geklärt. Wien könnte nach derzeitigem Stand nur den allerwenigsten der 41 olympischen Sommersportarten eine adäquate Stätte bieten. Manchmal kommt das Argument, in London hätte es wenige Jahre vor den Sommerspielen kein geeignetes Schwimmbecken gegeben. Stimmt. Nur hat London binnen kurzer Zeit eine neue Schwimmhalle gebaut, während Wien schon lange braucht, um ein altes Bad zu renovieren.

Wien hat es nicht einmal geschafft, ein vergleichsweise kleines Großereignis, die Fußball-EM 2008, zur Errichtung eines neuen Stadions im Prater zu nützen. In einem solchen Stadion könnten die großen Wiener Fußballklubs Rapid und Austria mittlerweile längst abwechselnd spielen, das funktioniert auch anderswo auf der Welt. Grüne wie Violette hätten sich viele Zores mit Ausbau und Renovierung ihrer alten Stadien sparen können.

Der Bürgermeister stellt den Wienern also eine Frage, die sich nicht stellt. Wieso? Um eine mögliche Unlust der Bevölkerung auf sportliche Großevents untermauert zu sehen? Um die Volksbefragung, deren andere Inhalte sich ja auch hinterfragen lassen, aufzupeppen? Michael Häupl, der seiner Partei schon mit der Wehrpflichtdebatte keinen Gefallen tat, ist oft für sein G'spür gelobt worden, für seinen Torriecher sozusagen. Doch jetzt geht der nächste Schuss nach hinten los. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 31.1.2013)