Batman anno 1860: Briefbeschwerer mit Nestroy als Jupiter in Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt".

Foto: Wien-Museum

Wien - Charmant, das sei eine Bezeichnung, die ihm ebenso gefiele wie präzise, pointiert oder spielerisch. Lediglich als Gag will der Direktor des Wien-Museums die aktuelle Ausstellung bitte schön nicht benannt wissen. Anlässlich der Eröffnung von Unter 10 - Wertvolles en miniature  ringt Wolfgang Kos also mit Worten respektive um ein passendes Mascherl. Auf sprachlichem Terrain mag uns Österreichern, den unangefochtenen Profis des Diminutivs, niemand das Wasser reichen können. Geht es jedoch um eine Präsentation, in der kein einziges Exponat mehr als zehn Zentimeter in Breite, Höhe, Tiefe oder Durchmesser misst, dann soll, ja darf die Verniedlichung nicht der Maßstab sein.

Im herkömmlichen Museumsbetrieb sind es die großen Dinge, denen stets (mehr) Aufmerksamkeit gewidmet wird, während die kleinen (noch) ein Schattendasein fristen. Zu Unrecht. Diese vermeintliche Konvention galt es zu brechen, das hauseigene Kuratorenteam durchforstete den mehr als eine Million Objekte umfassenden Bestand auf geeignete Kandidaten. Das Ergebnis repräsentiert eine Leistungsschau und eine "fragmentarische Enzyklopädie" gleichermaßen.

In diesem temporär initiierten Miniversum trifft man auf große Namen (u. a. Miniaturmaler Moritz Michael Daffinger), auf Vertrautes (Fahrkarte Liliputbahn, 1930er), Nützliches (Reiseutensilien, Baby- und Puppenmode), Gefälliges (historische Ballspenden, prominenter Schmuck) und Neues (Kunstschau mit Beiträgen von Oswald Oberhuber oder Heimo Zobernig).

Virtuoses wie die uhrmacherische Kunstfertigkeit in Form der legendären "Wiener Zappler" darf freilich ebenso wenig fehlen wie Skurriles (Haare, Sargsplitter und Knochen von Ludwig van Beethoven und Franz Schubert). Die Wertschätzung des Kleinen ist eben eine Wissenschaft für sich. Manchmal geht es dann auch um große Werte, wie etwa im Falle der von Egon Schiele modellierten kleinen Tänzerin (7,7 cm), einer von nur vier bekannten plastischen Arbeiten des Künstlers, deren Wert mit 100.000 Euro beziffert wird. 400 Exponate versammelt die Schau insgesamt, unterteilt in 30 Kapitel, an denen sich die durchaus elegant wirkende Architektur in der Art eines begehbaren Setzkastens orientiert.

So sehr die Kleinheit der Objekte das Publikum zur Wahrnehmung winziger Details verführt, der Leihlupen bedarf es dafür wohl weniger als - ob der allzu minimalistisch geratenen Beleuchtung - einer Taschenlampe. Und für dieses Besucherutensil gilt: je größer, desto besser.   (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, 31.1.2013)