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In Österreich waren im Jänner 338.421 Menschen auf Jobsuche, weitere 72.241 nahmen an Schulungen teil.

Foto: AP/Michael Probst

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Grafik: APA

Wien - Der Wintereinbruch und eine schwache Konjunkturentwicklung haben die nationale Arbeitslosenquote im Jänner auf den Rekordwert von 9,1 Prozent steigen lassen. Zum Vergleich: In der Wirtschaftskrise betrug die Arbeitslosenrate im Jänner 2009 8,4 Prozent und im Jänner 2010 rund 9,0 Prozent. Gleichzeitig hat Österreich im EU-Vergleich weiterhin die niedrigste Arbeitslosenrate.

AMS-Chef Johannes Kopf rechnet aufgrund der schwächelnden Wirtschaftsentwicklung in Österreich mit weiterhin steigenden Arbeitslosenzahlen im laufenden Jahr. "Trauriger Höhepunkt" werde der Jänner 2014, ab dann müsste es einen Rückgang geben, sagte Kopf im Ö1-Mittagsjournal des ORF. "Hochqualifizierte sind nachgefragt, Niedrigqualifizierte immer weniger", skizzierte er die weitere Arbeitsmarktentwicklung.

Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen ist per Ende Jänner im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,4 Prozent oder 20.394 Personen auf 338.421 angestiegen. Zusätzlich wuchs die Anzahl der Schulungsteilnehmer um 5.970 (+9 Prozent) auf 72.241. Damit waren insgesamt 410.662 Personen in Österreich ohne Job und um 6,9 Prozent mehr als im Jänner 2012.

Im EU-Vergleich positiv

Nach EU-Berechnung belief sich die heimische Arbeitslosenquote im Dezember - das ist der aktuellste verfügbare Wert - auf 4,3 Prozent. Österreich hat damit erneut die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU, gefolgt von Luxemburg und Deutschland mit jeweils 5,3 Prozent. Die höchsten Arbeitslosenquoten meldeten Griechenland (26,8 Prozent im Oktober 2012) und Spanien (26,1 Prozent). In den 27 EU-Staaten betrug die Arbeitslosenquote im Schnitt 10,7 Prozent. Laut der EU-Statistikbehörde Eurostat waren im Dezember 2012 in der Europäischen Union insgesamt 25,926 Millionen Männer und Frauen ohne Job, davon 18,715 Millionen im Euroraum.

"Wie jedes Jahr wird mit dem Höhepunkt des Winters auch der Höchststand der Saison- und damit auch Gesamtarbeitslosigkeit erreicht", kommentierte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) die aktuellen Arbeitslosenzahlen. Seit dem Wirtschaftskrisenjahr 2009 seien in Österreich 150.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden, erklärte der Sozialminister. Weil aber immer mehr ältere Arbeitskräfte länger am Arbeitsmarkt bleiben würden und die Frauen-Erwerbsbeteiligung sich weiter erhöhe, übersteige das zusätzliche Arbeitskräfteangebot diesen Zuwachs an neuen Arbeitsplätzen.

Die Gewerkschaft forderte in Reaktion auf die Rekordarbeitslosenzahlen eine "gerechtere Verteilung" von Arbeit. "Die einen haben gar keine Arbeit, und die anderen müssen immer mehr Überstunden machen", so ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz. Überstunden für den Arbeitgeber müssten teurer werden, "zum Beispiel um einen Euro pro Stunde". Die Industriellenvereinigung wünscht sich flexiblere Arbeitszeitregelungen. "Vor allem die gesetzliche Tageshöchstarbeitszeit von zehn Stunden ist vielfach im Erwerbsalltag nicht praktikabel und stellt einen massiven Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern dar", erklärte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Die Arbeiterkammer regt an, bestehende Qualifizierungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservices auszubauen.

Warnsignale aus der Baubranche

Warnsignale kommen auch aus der Baubranche: Mit 83.448 arbeitslosen Bau- und Holzarbeitern gebe es so viele Betroffene wie im Krisenwinter 2009/10. Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel und Gewerkschaft Bau-Holz Chef Josef Muchitsch forderten deswegen "als ersten raschen Schritt ein dringend notwendiges Vorziehen von öffentlichen Aufträgen, damit der Konjunkturmotor Bau wieder anspringt."

Scharfe Kritik übten die Oppositionsparteien an der Bundesregierung und dem AMS: "Die Regierung hat in Sachen Arbeitsmarktpolitik ihre Hausaufgaben nicht gemacht", so FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl. Die stark steigende Arbeitslosigkeit im Sozial- und Gesundheitsbereich sei eine "unmittelbare Folgewirkung des Kahlschlags in Form von Kürzungen der Regierung im Pflegebereich". Auch die Grünen ließen kein gutes Haar an der Arbeitsmarktpolitik: "Der Jubel des Sozialministeriums ob der Tatsache, dass es in allen anderen EU-Ländern noch schlechter ist, als in Österreich, verschleiert die Realität", erklärte die Grüne-Arbeitnehmersprecherin Birgit Schatz. Inklusive Familienangehörigen seien rund 936.000 Menschen in Österreich mit den Folgen von Arbeitslosigkeit konfrontiert.

Das BZÖ forderte die Bundesregierung auf, "die Arbeitsmarkt-Vergleiche mit Griechenland und Spanien einzustellen". "Diese Verharmlosung ist schamlos und eine Provokation der Bürgerinnen und Bürger ohne Beschäftigung", betonte BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher. "Es muss endlich eine arbeitsmarktrelevante hoch qualifizierte Berufsausbildung für Jugendliche in Angriff genommen werden". Für das Team Stronach hat die Regierung ebenfalls "ihre Hausaufgaben einfach nicht gemacht". "Wir haben stets gefordert, dass endlich Reformen in Angriff genommen werden. Reformen, die sich auch positiv auf das Budget ausgewirkt hätten", so Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar.

Trotz Flaute mehr Jobs

Trotz Wirtschaftsflaute gab es in Österreich mehr Personen mit einem Job. Die Zahl der aktiv unselbstständig Beschäftigten hat sich per Ende Jänner um 22.000 Personen (+0,7 Prozent) auf 3,308 Millionen erhöht. Die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen ist hingegen um 2.416 (-9,6 Prozent) auf 22.760 zurückgegangen.

Vom Anstieg der Arbeitslosigkeit waren im Jänner am stärksten Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen (+ 12 Prozent), in der Baubranche (+8,7 Prozent) und im Leiharbeitssektor (+ 7,0 Prozent) betroffen. In absoluten Zahlen gab es die meisten Arbeitslosen per Ende Jänner am Bau mit 72.771 Personen und im Handel mit 43.881 Betroffenen.

Die schwächelnde Konjunktur hat die Anzahl der vorgemerkten Arbeitslosen am stärksten in den Industriebundesländern Oberösterreich (+9,5 Prozent) und Steiermark (+7,3 Prozent) ansteigen lassen. Die geringste Zunahme wurde in Vorarlberg (+3,0 Prozent), Tirol (+4,3 Prozent) und Salzburg (+5,1 Prozent) verzeichnet. Die durchschnittliche Verweildauer in der Arbeitslosigkeit stieg um fünf auf 93 Tage. Wieder erhöhte sich die Männerarbeitslosigkeit stärker als jene der Frauen. Von den vorgemerkten 338.421 Beschäftigungslosen waren 219.758 Männer (+7,3 Prozent) und 118.663 Frauen (+4,7 Prozent).

Der stärkste Anstieg der Arbeitslosigkeit wurde im Jänner bei Langzeitarbeitslosen mit plus 31,7 Prozent verzeichnet. 6.231 Personen waren per Ende Jänner länger als 12 Monate vorgemerkt. Ältere Menschen waren mit einer Zunahme von 8,9 Prozent stärker betroffen als Jugendliche (+5,3 Prozent). Die Arbeitslosenquote bei den Älteren betrug im Jänner nach nationaler Definition 9,3 Prozent (+0,3 Prozentpunkte). Die Jugendarbeitslosenquote lag nach Eurostat-Berechnungen bei 8,5 Prozent. Damit lag Österreich im EU-Vergleich auf Platz zwei, nur in Deutschland (8,0 Prozent) waren weniger Jugendliche ohne Job.

Auch am Lehrstellenmarkt gab es vermehrten Andrang und weniger offene Stellen. Die Zahl der Lehrstellensuchenden stieg um 1,3 Prozent auf 5.170 Personen. Gleichzeitig gab es weniger offene gemeldete Lehrstellen (-7,7 Prozent auf 2.959). (APA, 1.2.2013)