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UserInnenfrage per Mail: An Herrn Izdebski: Der Handel hebt die Festplattenabgabe ein, leitet sie aber nicht weiter. Wie ist denn hier der Status Quo? Was passiert mit der Abgabe, bis die Situation geklärt ist?

Damian Izdebski: Die Situation im Handel ist nicht so klar, wie es scheinen mag. Es herrscht eine Rechtsunsicherheit in dieser Thematik, solange dies nicht gelöst ist, wissen die Händler teilweise nicht, was sie tun sollten. Die Festplattenabgabe wurde bereits von zwei Instanzen für gesetzeswidrig erklärt, das Verfahren in der dritten Instanz ist anhängig.

UserInnenfrage per Mail: An Herrn Ruiss: Wieso unterstützen Bildhauer die Forderung nach einer Festplattenabgabe? Grabsteine und Skulpturen werden ja weder auf Kassetten, noch auf Festplatten gespeichert.

Gerhard Ruiss: Es geht um Reproduktionen, nicht um Originale, die genauso urheberrechtlich geschützt sind.

UserInnenfrage per Mail: An Herrn Izdebski: Handel und Elektronikhersteller sehen in der Festplattenabgabe eine Gefährdung des Wirtschaftsstandorts. Diese wird aber seit 2010 vom Handel eingehoben, ohne dass ein großer Einbruch zu verzeichnen wäre. Wo liegt denn nun die Gef

Damian Izdebski: Die Abgabe wird nicht von allen Händlern (wie oft irrtümmlich verbreitet) eingehoben. Natürlich ist der Wirtschaftsstandort gefährdet. Letztendlich sollte der Konsument in Österreich über 50 Millionen Euro zusätzlich bezahlen. Bei manchen Produkten erreicht die geplante Abgabe 50% des Produktpreises. In diesen Fällen werden die Kunden bei ausländischen Online-Anbietern kaufen. Die Arbeitsplätze in Österreich sind damit in Gefahr, der Finanzministerin entgehen die Steuern und die Künstler sehen in diesen Fällen kein Geld.

jazz 0815: @GR: Erhalten die künstlerisch Tätigen bei uns nicht schon genug Fördermittel? Man denke an die AKM, den ORF-Kulturbeitrag, diverse Landesbudgets dafür. Ist eine Zusatzsteuer auf Festplatten nicht etwas übertrieben?

Gerhard Ruiss: Es werden Leistungen abgegolten, nicht Fördermittel vergeben, das ist einer der Grundirrtümer in der Auseinandersetzung. Vor allem aber ist die Festplattenabgabe keine Steuer, sondern die Vergütung für private Nutzungen.

UserInnenfrage per Mail: An beide: Wie stehen Sie zu alternativen Modellen, beispielsweise einer Kulturflatrate? Welche Lösungen sind abseits einer Abgabe auf Datenträger für Sie vorstellbar?

Damian Izdebski: Ich bin der Meinung, dass die Besteuerung von Datenträgern der total falsche Weg ist. Zu behaupten, die Festplatte wäre der direkte Nachfolger einer Leerkasette ist einfach lächerlich. Klar ist auch, dass die Kunst bzw. die Künstler gefördert und unterstützt gehören. Das ist für mich selbstverständlich. Eine Kulturflatrate ist eine der Optionen. Wichtig ist eine Europäische Lösung, weil das Problem grenzüberschreitend gesehen werden muss. Ich halte eine kurzfristige, schnelle österreichische Lösung für einen falschen Weg.

fred the head: Herr Ruiss, die Initiative "Kunst hat Recht" tritt oft im Namen der österreichischen KünstlerInnen auf. Viele Interessensvertretungen von österreichischen KünstlerInnen & Kulturschaffenden, zB die IG Kultur, der Kulturrat, die KUPF und die TKI v

Gerhard Ruiss: Gerade in der Frage der Beibehaltung des privaten Kopierrechtes sind sich alle einig, also fordern auch alle gemeinsam die Festplattenabgabe. Die unterschiedlichen Zugänge gibt es etwa in der Frage der Rechtsdurchsetzung und auch der Rechtseinräumungen für pauschale Abgeltungen.

UserInnenfrage per Mail: An beide: Wie stehen Sie zu alternativen Modellen, beispielsweise einer Kulturflatrate?

Gerhard Ruiss: An der Festplatte und also auch an der Festplattenabgabe führt derzeit kein Weg vorbei. Natürlich werden und müssen wir über Zukunftsmodelle sprechen, welche das aber genau sein werden, werden wir erst in ein paar Monaten bis Jahren wissen, weil es dazu noch sehr viel Diskussionsbedarf mit sehr vielen verschiedenen Interessengruppen gibt.

Der Markt will es!: Warum wird diese Abgabe nicht in die Produktpreise von zB. Musik eingerechnet, wenn doch ohnhin nur kopiert werden darf was legal erworben wurde

Damian Izdebski: Das wäre sicherlich eine der Möglichkeiten. Das Problem ist ja, dass wir vieles gar nicht kopieren können. Die Industrie investiert Milliardern um sichere Kopierschutzmechanismen zu entwicklen. Gleichzeitig soll der Konsument für sein Recht auf Privatkopie zu Kasse gebeten werden. Da gibt es doch einen Widerspruch, oder? Gerhard Ruiss: Das Argument der Preispolitik gilt selbstverständlich für jedes Produkt. Überdies beschränkt sich die Festplattenabgabe ja nicht nur auf mobile Datenträger, sondern bezieht sich auch auf Downloads. Ein weiterer Grund, warum die Abgeltung beim Erstverkauf nicht das Optimum darstellt, ist, es stärkt die Rolle des Produzenten und schwächt die Rolle des Künstlers, der seinen unverzichtbaren Lizenzanteil an die Produzenten verliert.

UserInnenfrage per Mail: An Herrn Ruiss: Soll die Verteilung der eingehobenen Gelder - sofern die Abgabe Bestand hat - öffentlich dargelegt werden, damit die Kunden im Sinne der Transparenz wissen, wer genau von dieser profitiert?

Gerhard Ruiss: Sie wird bereits jetzt dargelegt, und zwar in den Geschäftsberichten der Verwertungsgesellschaften, die auch online einsehbar sind.

7762ffdd-0225-4e24-8f78-db9c655621ec: Wie soll es möglich sein, dass das Geld, dass über die Festplattenabgabe eingenommen wird, gerecht aufzuteilen? Oder geht dieses Geld wieder nur an die Verwertungsgesellschaften, wie die aktuellen Abgaben? (Amn. ich als Musiker, bei AKM und AustroMe

Gerhard Ruiss: Die Tantiemen werden nach Nutzungen verteilt. Die sozial und kulturell verteilten Gelder gehen an soziale Unterstützungen für Künstler und an junge Künstler bzw. innovative Projekte, all das kann in den Geschäftsberichten der Verwertungsgesellschaften nachgesehen werden. Damian Izdebski: Es werden derzeit bereits jährlich über 170 Millionen Euro in das System der Verwertungsgesellschaften eingezahlt. Welcher Anteil dieser Gelder tatsächlich an die Künstler in Österreich geht, ist mehr als fraglich. Es großteil wird sicherlich an die Konzerne im Ausland fließend. Auszug aus den Bilanzen der Verwertungsgesellschaften per Ende 2012: 1.) Literar-Mechana: 36,9 Mio Euro Vermögen (20 Mio Cash, Rest in Wertpapieren) 2.) Austro-Mechana: 55,0 Mio Euro Vermögen (28 Mio Cash, Rest in Wertpapieren) Wir haben kein Problem mit den Einnahmen, wir haben ein Problem mit der Verteilung. Gerhard Ruiss: Wir haben weder mit den Einnahmen noch mit der Verteilung ein Problem, 5 bis 15 Prozent ist der Verwaltungsanteil der Verwertungsgesellschaften, der "Rest" geht an die Rechteinhaber, in manchen Bereichen wie bei den Drehbuchautoren zu 100%, in manchen Bereichen zu 70% an die Urheber und zu 30% an die Produzenten, aber nie unter 50%. Abgegolten werden immer Rechtenutzungen, und zwar sehr unterschiedliche wie die mechanische Vervielfältigung bzw. Weiterleitung oder das Aufführungsrecht.

UserInnenfrage per Mail: An Herrn Izdebski: Wenn die Abgabe fallen sollte, was passiert dann mit dem bisher einbehaltenen Geld? Werden Kunden die Möglichkeit haben, die von ihnen über den Preis entrichtete Abgabe zurückzufordern?

Damian Izdebski: Händler, die diese Abgabe eingenommen und auf ihren Rechnungen ausgewiesen haben, werden sie selbstverständlich dem Kunden wieder zurückzahlen.

Corpus amygdaloideum: laut Ihrer studie befinden sich "2.716 Musiktitel, 1.339 Fotos und Bilder, 317 urheberrechtlich geschützte Texte sowie 301 Filme und 91 Hörbücher" auf österreichischen festplatten. trotzdem ist die studie nirgends einsehbar. das heißt es ist völlig

Gerhard Ruiss: Das ist eine Studie von GfK-Fessel, in der das Nutzungsverhalten von 1.000 Befragten erhoben wurde. Ergebnisse dieser Studie wurden medienöffentlich bekanntgegeben, wann und wie diese Studie endgültig präsentiert wird, kann ich nicht sagen, weil ich weder der Auftraggeber dieser Studie bin, noch das Unternehmen, das sie durchgeführt hat, vertrete. Es ist natürlich nicht irrelevant, ob es um urheberrechtlich geschützte Inhalte geht oder nicht, genau das sollte ja und soll ja erhoben werden.

UserInnenfrage per Mail: An Herrn Ruiss: Einer unserer Leser hat beim beliebten Torrent-Indexer "The Pirate Bay" nach Inhalten der "Kunst hat Recht"-InitiatorInnen gesucht und dabei praktisch nichts gefunden. Es scheint also oft gar nicht möglich zu sein, deren Werke illega

Gerhard Ruiss: Ihr Argument stimmt schon einmal nicht, wenn Sie sich den Umgang mit den österreichischen Erfolgsproduktionen im Film ansehen. Dasselbe gilt auch für den Buchsektor und immer dann, wenn es um erfolgreiche Produkte, also um sogenannte "Bestseller" geht. Wenn wir von der Privatkopie und vom privaten Kopierrecht reden, reden wir aber sicher nicht von der "Piraterie" und von irgendwelchen Anti-Pirateriemaßnahmen, wir reden ganz einfach von einem Recht der User, ohne Angst downloaden zu können, weil es rechtens ist.

Kernel Decker: Wieso sollte ich als freiberuflicher Programmierer explizit nichts von einer etwaigen URA bekommen ? Auch meine Werken könnten leicht illegal getauscht werden.

Gerhard Ruiss: Programme fallen unter das sogenannte Verbotsrecht, es darf also von Programmen keine Kopie hergestellt werden, das ist geltendes EU-Recht, somit ist es also nicht möglich, irgendeine Rechtewahrnehmung vorzunehmen.

Jeffrey Lebowski: Hr. Ruiss, sie sagen an der Festplatte und an der Festplattenabgabe führt im Moment kein Weg vorbei. Können Sie mir bitte erklären warum ich für z.B. eine 64GB SSD auf der nur mein Betriebssystem installiert ist eine Abgabe zahlen soll ?

Gerhard Ruiss: Zur Festplattenabgabe ist grundsätzlich zu sagen, dass nur das private Kopieren erfasst ist, Nutzungen, die gewerblich erfolgen oder institutionell (Schulen, Universitäten etc.) sind davon nicht erfasst. Ansonsten ist es wie mit der Autobahnvignette: Der eine fährt ständig auf Autobahnen hin und her, der andere nur einmal im Jahr von Wien nach St. Pölten und wieder retour. Damian Izdebski: Da wir gerade bei den Festplatten sind: Eine 1 TB Fesplatte kostet ohne URA derzeit ca. 60,- Euro, die geplante Abgabe würde bei diesem Produkt 32,40 Euro inkl. MWSt ausmachen. Das steht in keinem Verhältnis zu dem eigentlichen Produktwert. In Österreich wurden letztes Jahr 764.015 Stück Festplatten verkauft (keine Studie sondern tatsächliche Fakten vom Markt, laut GfK). Daraus würde eine Abgabe von rund 19.454.698,00 Euro resultieren. Dabei handelt es sich nur um Fespltatten. Smartphones, Tablets, Notebooks, Desktops usw. sind bei diesem Betrag gar nicht dabei! Kann sich das der Konsument heute leisten? Und noch ein Beispiel zu den Autos bzw. der Vignette. In diesem Fall ist es eher so, als ob wir bei jedem Autokauf prinzipiell 1.000,- Euro für mögliche Strafen ablegen müssten, weil wir ja mit dem neuen Auto ja zu schnell fahren könnten!

Kitty Schter: Wie hoch soll die Festplattenabgabe sein und für welche Festplatten wird sie eingehoben? Handys, Kameras, Mp3-Player...?

Gerhard Ruiss: Die durchschnittliche Belastung bei Festplatten liegt zwischen 10 und 13 Euro, , die letztlich bei den Rechteinhabern landen. Nach den Berechnungen des Handels von jährlich 100 Euro Kostenbelastung müßte nach unseren Berechnungen mit unseren Tarifen jeder Kunde 3.000 Euro im Jahr ausgeben. Es ist an der Zeit, daß der Handel sich mit den Verwertungsgesellschaften zusammensetzt, anstatt ihnen über die Medien die zu hohen Tarife auszurichten, um direkt und unmittelbar in Erfahrung zu bringen, daß die verhandelten und verhandelbaren Tarife etwas anderes als die Richttarife sind, die es ohnedies bisher zu keiner Gültigkeit gebracht haben. Wichtig ist auch noch zu sagen, es gibt keine Widerrechtlichkeit der Festplattenabgabe, die Justiz hat nur gesagt, sie ist von der bisherigen Gesetzeslage nicht oder nicht ausreichend erfaßt oder auch, sie ist durch die bisherige Gesetzeslage nicht ausreichend oder nicht gedeckt. Aus diesem Grund sind wir ja auch an den Gesetzgeber herangetreten, um dem Grunde nach feststellen zu lassen, daß es dieses Recht gibt. Damian Izdebski: Egal über welche Beträge wir diskutieren: Für mich ist eine Festplattenabgabe nicht diskutabel. In keinem Ausmass. Wir nutzen die digitalen Datenträger vorwiegend dafür, selbsterstellte Inhalte zu speichern. Fotos und Filme unserer Kinder, Computerspiele (die wir kaufen müssen, sonst kann man die guten Spiele gar nicht spielen), alleine die Betriebsysteme brauchen inzwischen viele GBs um installiert zu werden. Es ist absurd dem...

ModeratorIn: Kurze Fortsetzung

Damian Izdebski: ... Konsumenten vorzuwerfen, seine Festplatten wären voll mit Urheberrechtrelevanten Werken. Wir sind die Kontent-Generatoren, jeden Tag, jede Stunde. Dafür Abgaben zu leisten ist nicht zeitgemäß.

ModeratorIn: Der WebStandard bedankt sich für die rege Teilnahme am Chat. Er ist in wenigen Minuten als Artikel abrufbar.

Gerhard Ruiss: Vielen Dank für die intensive und aktive Teilnahme. Damian Izdebski: Danke für die Fragen und Ihr Interesse.