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Berichte über nichtbezahlte Steuern bei Starbucks sorgten insbesondere in Großbritannien für Empörung. Im Dezember wurden zahlreiche Filialen der Kette von Demonstranten umzingelt.

Foto: REuters/Plunkett

Wien - Im internationalen Investmentgeschäft sind Barbados, Bermuda und die British Virgin Islands Großmächte. 4,5 Prozent aller weltweiten Auslandsinvestitionen stammen aus den drei Karibikinseln. Das ist weit mehr, als Investoren aus Deutschland oder Japan in ausländische Unternehmen anlegen. Die Karibik lockt Besucher eben nicht nur mit vielen Sonnentagen, sondern auch mit niedrigen Steuern für global operierende Briefkastenfirmen.

Nicht zuletzt aufgrund solcher Zahlen unternimmt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) einen neuen Anlauf, um internationale Steuerschlupflöcher für Konzerne zu schließen. In einem am Dienstag vorgestellten Bericht fordert die Pariser Organisation erstmals eine umfassende Reform international gängiger Standards auf dem Gebiet des Unternehmenssteuerrechts.

Legale Strategien

Die OECD hat dabei die vielen legalen Strategien zur Steueroptimierung im Visier. In den vergangenen Wochen sorgten die Praktiken von Starbucks, Google und Amazon für Schlagzeilen. So hat sich in Großbritannien im Zuge einer Parlamentsanhörung Ende 2012 herausgestellt, dass Starbucks trotz eines Marktanteils von 30 Prozent in 14 der 15 Jahren seines Bestehens auf der Insel keine steuerpflichtigen Gewinne, sondern nur Verluste geschrieben hat. Wie sich im Zuge der Anhörung zeigte, nutzt Starbucks seine internationale Verflechtung, um Gewinne steueroptimierend zu verschieben. So zahlt der britische Ableger hohe Lizenzgebühren an die steuerbegünstigte niederländische Niederlassung und kauft seine Kaffeebohnen teuer über seine Filialen in der Schweiz ein.

Diese Praktiken möchte die OECD eindämmen. Zu den Problemen, die man angehen will, zählt insbesondere das System der Transferpreise: Innerhalb eines Konzerns können sich Tochtergesellschaften gegenseitig Produkte abkaufen, im Starbucks-Beispiel etwa die Kaffeebohnen. Da solche Transaktionen zu einer Verschiebung von Gewinnen führen, gilt in der OECD, dass innerhalb eines Konzerns nicht höhere Preise als am Markt verrechnet werden dürfen. Doch vielfach sind Kontrollen unmöglich. Bei Lizenzen gibt es zudem meist keine Vergleichspreise. "Die wichtigsten Prinzipien im internationalen Steuerrecht stammen aus den 1920er-Jahren und wirken heute überaltert", bekennt die OECD im Bericht.

Das System der Transferpreise müsste grundlegend überdacht werden. Im Internetzeitalter erscheinen zudem Regelungen, die darauf abzielen, Unternehmen an ihrem Hauptsitz zu erfassen, veraltet, so die OECD. Das ist ein Seitenhieb auf Amazon: Der Konzern wickelt sein Europageschäft über Luxemburg ab, nur dort zahlt er Gewinnsteuern.

Kritik an Abkommen

In dem OECD-Bericht werden keine konkreten Vorschläge gemacht - die sollen erst im Juni 2013 vorgelegt werden. Doch bereits das Eingeständnis, dass die eigenen Regelungen veraltet sind, gilt bei Experten als Tabubruch. "Das ist ein wichtiger erster Schritt. Das Ganze geht in eine spannende Richtung", meint etwa der Steuerexperte Markus Meinzer vom Tax Justice Network. Lob gibt es für die OECD insbesondere, weil sie das System der Doppelbesteuerungsabkommen infrage stellt. Derzeit gibt es weltweit rund 3000 solcher bilateraler Verträge, die regeln, wann und wie Steuern in grenzüberschreitenden Fällen einzuheben sind. Die OECD bekennt, dass viele der Verträge so ausgenutzt werden, dass Unternehmen überhaupt keine Abgaben bezahlen. Sie schlägt daher eine globale Lösung vor - nennt aber auch hier noch keine Details. (András Szigetvari, DER STANDARD; 13.2.2013)