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Eine nachträgliche Änderung von Abflugzeiten im Rahmen einer Pauschalreise ist eine Vertragsänderung. In Zukunft müssen deutsche Reiseveranstalter die Flugzeiten verbindlich angeben.

Foto: Michael Probst/AP/dapd

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat kürzlich entschieden, dass kurzfristige Änderungen der Flugzeiten durch einen Reiseveranstalter ungültig sind. Selbst wenn der Veranstaler in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich darauf hinweist, dass er sich das Recht auf Änderungen vorbehält, sind die ursprünglich angegebenen Flugzeiten verbindlich.

Mit diesem Urteil gab das OLG dem deutschen Bundesverband der Verbraucherzentralen recht, der zehn Reiseveranstalter geklagt hatte. Für die Richter steht fest, dass die Abflugzeit für viele Urlauber ein wichtiges Kriterium bei der Buchung einer Reise darstellt. Außerdem sehen sie in den Klauseln Versuche, Kunden zu Ködern, indem das Angebot mit attraktiven Flugzeiten erstellt wird, die später in weniger attraktive Abflugzeiten geändert werden. Im Anschluss könnte der Veranstalter den frei gewordenen Platz mit der attraktiven Flugzeit neuerlich bewerben.

Neue Flugzeiten bedeuten aber eine Änderung der vertraglichen Leistung, nach Ansicht der Richter müssten Reisende zuvor zumindest durch genau beschriebene triftige Gründe darüber informiert werden. In Pauschalreiseverträgen dürfen die Reisebüros laut dem Gerichtsbeschluss die Flugzeiten hinkünftig nicht mehr als unverbindlich bezeichnen.

TUI legt Berufung ein

Der Reiseveranstalter TUI Deutschland will nun vor den deutschen Bundesgerichtshof gehen und Berufung einlegen. Laut einer TUI-Pressemitteilung geht es bei dem Urteil um die Klausel 3.3 aus den Reisebedingungen des Unternehmens zur Flugbeförderung. Hier wird erklärt, dass der Veranstalter die endgültigen Flugzeiten erst mit Zusendung der Reiseunterlagen mitteilt. Eine durchaus gängige Praxis in der Branche, erläutert TUI.

Laut dem Veranstalter stehen bei der Buchung die Flugzeiten häufig noch gar nicht fest, vor allem bei sehr frühen Buchungen habe die Vergabe der Start- und Landezeiten an den Flughäfen meist noch gar nicht stattgefunden. Es sei sogar gesetzlich festgelegt, dass Veranstalter dem Kunden zum Zeitpunkt der Buchung lediglich eine "voraussichtliche Flugzeit" bestätigen müssten.

Ähnliche Situation in Österreich

Für Österreich sieht die Arbeiterkammer (AK) eine ganz ähnliche Situation. Nachträgliche Flugzeitänderungen seien ein leidiges Thema, vor allem wenn die Wahl gerade deshalb auf einen Reiseveranstalter fällt, weil seine vorab bekanntgegebenen Flugzeiten besonders attraktiv waren. "Wir kennen das aus unseren Beratungen und aus unserer jährlichen Analyse der Reisebeschwerden", so Jutta Repl von der Abteilung für Konsumentenpolitik der AK. 

Die Rechtslage ist laut Repl in Österreich ähnlich jener in Deutschland. Das liegt an der EU-Pauschalreiserichtlinie, die besagt, dass Reiseveranstalter jedenfalls in der Buchungsbestätigung Tag und Zeit der An- und Rückreise angeben müssen. Bei der Umsetzung in österreichisches Recht wurde daraus die "geplante" Zeit, ähnlich wie in Deutschland. Allerdings könne daraus nicht geschlossen werden, dass die Zeiten deswegen unverbindlich seien, erklärt Repl. Der Zeitpunkt der An- und Abreise ist Vertragsbestandteil, aber die Reiseveranstalter können laut Repl "Leistungsänderungsvorbehalte" im Kleingedruckten machen - und tun das auch ausgiebig.

"Der Reiseveranstalter darf nur solche Änderungen vornehmen, die dem Verbraucher zumutbar sind. Das ergibt sich aus dem Konsumentenschutzgesetz. Die Verlegung eines Tagflugs in die Nacht wäre beispielsweise nicht zumutbar, insbesondere wenn man mit Kindern unterwegs ist. Wird eine unzumutbare Änderung vorgenommen, kann der Verbraucher vom Vertrag kostenlos Abstand nehmen. Oder aber er verlangt eine Minderung des Reisepreises, nachdem er vorweg einen Vorbehalt gegenüber der Änderung gemacht hat", erklärt Repl die Rechte der Konsumenten.

Die AK bewertet das Urteil in Deutschland als positiv, da es wieder ins Zentrum rücke, dass das Risiko erheblicher nachträglicher Leistungsänderungen nicht einfach auf die Konsumenten abgewälzt werden könne. Das Urteil ist laut AK exemplarisch für die gesamte deutsche Reisebranche, nicht nur TUI, sondern auch andere große Anbieter wie Alltours und Schauinsland sind davon betroffen.

"Da die österreichischen Konsumenten gerne grenzüberschreitend bei deutschen Reiseveranstaltern buchen, kommen diese rechtlichen Klarstellungen auch ihnen zugute", freut sich Repl. Konkrete Pläne, in Österreich eine ähnliche Klage einzureichen gäbe es derzeit laut Auskunft der Arbeiterkammer nicht.

Reiseverbände: Urteil zum Nachteil der Kunden

Kritisch sehen das Urteil dagegen der Österreichische Reisebüroverband (ÖRV) und der Deutsche Reiseverband (DRV). Beide befürchten, dass die Entscheidung nicht im Sinne der Konsumenten gefällt wurde. "Das Urteil könnte am Ende zum Nachteil für die Kunden werden", sagte DRV-Präsident Jürgen Büchy. Wenn man nämlich die Veranstalter dazu verpflichte, Flugzeiten verbindlich in den Katalogen anzugeben, würden sie gar keine Zeiten mehr angeben. Der Verband argumentiert ebenfalls mit dem Umstand, dass Flugzeiten zum Buchungszeitpunkt sehr häufig noch nicht von der Flugsicherung bestätig seien.

Der Kunde profitiere davon, dass langfristige Planung und volumenmäßig große Einkäufe von Flugkontingenten den Flugpreis einer Pauschalreise in der Regel günstiger machen. In den meisten Fällen würden sich diese Flugzeiten auch nur geringfügig ändern. Allerdings gebe es Fälle, in denen es deutliche Änderungen gebe. Das sei aber nicht nur für die Reisenden ärgerlich, sondern auch für die Reisebüros. Für den DRV können günstige Flüge auch in Zukunft nur an den Kunden weitergegeben werden, wenn man weiterhin die Flugzeiten unverbindlich bekanntgibt und gelegentlich Änderungen in Kauf nimmt.

Beim ÖRV sieht man die Dinge ähnlich, obwohl das Urteil laut Christan Bruckmüller vom ÖRV "keine Auswirkungen auf Österreich" hat. Wenn es allerdings für Österreich ein ähnliches Urteil geben sollte, würden die Veranstalter gar keine Zeiten mehr angeben, erklärt Bruckmüller.

Bei TUI Österreich will man das endgültige Urteil abwarten. Sollte es in Zukunft in Österreich zu einem ähnlichen Gerichtsurteil kommen, werde man laut Konzernsprecher Josef Peterleithner entsprechend reagieren. (ham, derStandard.at, 18.2.2013)