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Flüchtlingslager Mugunga III in der Nähe von Goma: Eines von vielen Flüchtlingslagern in der Demokratischen Republik Kongo.

Foto: ap/Jerome Delay

Goma/Demokratische Republik Kongo - Pro Tag behandeln die MedizinerInnen von "Ärzte ohne Grenzen" in einem Flüchtlingslager im Durchschnitt sechs Frauen, die Verletzungen in direktem Zusammenhang mit sexueller Gewalt stehen. Im Zeitraum von nur einem Monat registrierten und behandelten die ÄrztInnen im Flüchtlinglsager Mugunga III, einige Kilometer westlich von Goma, 95 Betroffene von sexueller Gewalt. Via Aussendung verweisen Ärzte ohne Grenzen auf eine Zunahme der Gewalt gegen Frauen hin und kritisieren die Zuständigen für den unzureichenden Schutz.

Trotz der offensichtlichen Verletzbarkeit der Menschen und der prekären Lebensbedingungen in den Lagern sorge sich niemand für die Sicherheit der Vertriebenen. "In den Lagern und den umliegenden Dörfern herrscht ein eklatanter Sicherheitsmangel", kritisiert Thierry Goffeau, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Goma. "Sowohl die zuständigen Obrigkeiten als auch die unterschiedlichen bewaffneten Gruppierungen behaupten ausnahmslos, die Zivilbevölkerung zu verteidigen. Dann sollten sie nun auch ihre Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass die am meisten gefährdeten Personen nicht zu Opfern von Gewalt oder Repressalien werden", fordert der Einsatzleiter. 

"Alltägliche Vergewaltigungen"

Die erhöhte Präsenz von Soldaten und bewaffneten Gruppen in der Nähe der Vertriebenenlager habe zu einer chronischen Unsicherheit geführt, in der Vergewaltigungen alltäglich sind. "Alle Konfliktparteien müssen dem Problem der Vergewaltigungen mehr Aufmerksamkeit schenken", sagt Goffeau. "Vergewaltigungen sind alltäglich geworden, und die Verantwortlichen werden selten bestraft. Nur sehr wenige Betroffene erstatten Anzeige, weil sie Angst vor Repressalien haben."

Eine Vertriebene etwa schildert, dass sie auf den Feldern von zwei bewaffneten Männern in Uniform bedroht wurde: "Sie sagten mir, ich hätte die Wahl zu sterben oder mit ihnen Sex zu haben". Die Berichte würden einander stark ähneln, heißt es von Ärzte ohne Grenzen. Die Überfälle geschehen rund um die Lager oder in den benachbarten Dörfern, wenn die Frauen auf der Suche nach Holz oder Essen sind. Oft passiere es auch, dass die Frauen innerhalb der Lager angegriffen werden.

"Es ist die Gewalt der Macht"

Die behelfsmäßig aus Holzstücken und Plastikplanen gebauten Unterkünfte geben keinen ausreichenden Schutz und können die Täter nicht abhalten. "Gewalt ist allgegenwärtig", sagt Marie Jacob, Psychologin von Ärzte ohne Grenzen. "Es ist die Gewalt der Macht - eine Art Recht des Stärksten; das Recht der Person, die bewaffnet ist." (red, dieStandard.at, 15.2.2013)