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Sie leben hier, arbeiten hier, haben Familie und Freundeskreis hier - doch von politischen und anderen Rechten sind viele in Österreich Ansässige ausgeschlossen.

Foto: epa/pessenlehner

Immer mehr Menschen, die in Österreich dauerhaft leben, haben nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. So stieg die Zahl der hier ansässigen NichtösterreicherInnen im Vorjahr erstmals über die Marke von einer Million Menschen. Gleichzeitig nahm die Zahl der österreichischen Staatsangehörigen um 12.574 ab - ein deutlich höherer Rückgang als in den Jahren zuvor. Anders gesagt: Die Gruppe jener Menschen, die zwar dauerhaft hier leben, aber von wichtigen politischen und sonstigen Rechten ausgeschlossen sind, wächst stetig.

Mit Stichtag 1. Jänner 2013 lebten laut Statistik Austria 1.028.608 Menschen ohne österreichischen Pass im Land. Während die Gesamtbevölkerung auf 8,5 Millionen wuchs, betrug die Zahl der ÖsterreicherInnen in Österreich nur noch 7,5 Millionen.

Zwar seien die Zahlen noch nicht als endgültig zu betrachten, sagt Alexander Wisbauer von der Statistik Austria gegenüber derStandard.at - sie beinhalteten zum Teil auch Personen, die möglicherweise nur als Saisonkräfte für den Wintertourismus ins Land gekommen sind. Am grundsätzlichen Trend ändere das aber nichts: "Der Anteil der Nichtösterreicher steigt kontinuierlich", so Wisbauer.

Mehr EU-Bürger

Das liegt einerseits daran, dass immer mehr AusländerInnen in Österreich aus der EU kommen - und wenig Anreiz haben, sich einbürgern zu lassen. Menschen aus der EU, dem EWR und der Schweiz stellten Anfang 2010 noch 4,1 Prozent der Gesamtbevölkerung - heute sind es 5,1 Prozent. Es wandern also deutlich mehr Menschen aus EU-Staaten zu als aus EU-Drittstaaten.

Nimmt man alle in Österreich ansässigen AusländerInnen, so stellen die Personen aus EU, EWR und der Schweiz 43 Prozent - doch gibt es hier starke regionale Unterschiede. Im Burgenland beispielsweise stellen Drittstaatsangehörige nur ein Drittel aller im Bundesland lebenden AusländerInnen. In Wien und Oberösterreich hingegen kommen über 62 Prozent aus Drittstaaten.

 

Dass auch viele Drittstaatsangehörige keinen österreichischen Pass besitzen, obwohl sie lang genug im Land leben, oft auch hier geboren sind, und perfekt Deutsch sprechen,  liegt daran, dass eine Einbürgerung an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft ist. Viele Menschen scheitern an den hohen  Einkommensgrenzen - und laut Berechnungen des Staatsbürgerschafts-Experten Joachim Stern würden auch 60 bis 70 Prozent der österreichischen Arbeiterinnen diese Hürde nicht schaffen. Mindestens 1256 Euro muss ein Ehepaar vorweisen, wobei die Wohnungsmiete, Unterhaltspflichten für Kinder und etwaige Kreditrückzahlungen die Grenze noch erhöhen.

Hohe Gebühren

Zudem darf man in den letzten drei Jahren keine Mindestsicherung bezogen haben, darf nicht gerichtlich verurteilt worden und nicht BeschuldigteR in einem laufenden Strafverfahren sein, man muss sowohl schriftlich als auch mündlich gute Deutschkenntnisse vorweisen können und einen Staatsbürgerschaftskunde-Test bestehen. Außerdem ist die Einbürgerung gebührenpflichtig: In Vorarlberg muss man beispielsweise mindestens 1.189 Euro pro Antrag bezahlen - wird die Staatsbürgerschaft auf das Kind erstreckt, kostet es weniger. In Wien fallen mindestens 835 Euro pro Person an. Zusätzlich können auch noch Abgaben für die Zurücklegung der "alten" Staatsbürgerschaft anfallen.

Ein Fünftel der Neugeborenen

Derzeit haben 12 Prozent der in Österreich lebenden Menschen keinen österreichischen Pass. Dass sich dieser Anteil in Zukunft wohl noch erhöhen wird, ist auch aus der Geburtenstatistik ablesbar: Unter den Neugeborenen liegt der Anteil der nichtösterreichischen Staatsangehörigen bei 19,6 Prozent. Im Gegensatz zu einigen anderen EU-Staaten wie etwa Deutschland, Großbritannien und Frankreich erhalten in Österreich geborene Kinder nicht automatisch die hiesige Staatsbürgerschaft.

Kritik am Staatsbürgerschaftsrecht kam am Dienstag von SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak: "Ein demokratischer Staat kann auf Dauer nicht funktionieren, wenn immer mehr Mitmenschen aufgrund ihrer Herkunft von politischer Beteiligung ausgeschlossen sind", so Pollak. Auch das neue Staatsbürgerschaftsgesetz werde "an der Negativentwicklung nichts ändern". (Maria Sterkl, derStandard.at, 19.2.2013)