Luzern - Wenn Mütter ihre Neugeborenen töten, geschieht dies am häufigsten nach einer verheimlichten oder verdrängten Schwangerschaft. Zu diesem Schluss kommt eine Luzerner Forscherin in einer neuen Studie.

Überraschend dabei sei, dass sich das Umfeld der betroffenen Frauen oft blind für deren Konflikt zeigt, schrieb die Hochschule Luzern - Soziale Arbeit (HSLU) am Mittwoch in einer Aussendung.

Analyse von elf Kindstötungen

Die Psychologin Paula Krüger hat erstmals in der Schweiz die Kindstötung in den ersten 24 Stunden nach der Geburt untersucht, den sogenannten Neonatizid. Dafür wertete sie Strafprozessakten aus zwölf Kantonen aus den Jahren 1980 bis 2010 aus. Diese behandelten die Schicksale von elf Beschuldigten und elf getöteten Kindern, sowie drei bisher unaufgeklärte Fälle.

Die Auswertung ergab, dass meistens die Mütter die Täterinnen waren, in zwei Fällen jedoch die Großmütter. Die Täterinnen waren teils alleinstehend, teils in einer festen Partnerschaft, Bildungshintergrund und Alter variierten. "Die Aktenanalyse macht deutlich, dass es die typische Täterin nicht gibt", sagte Krüger in der Mitteilung.

Nur die Hälfte im Vorfeld bereits psychisch krank

In dieser und früheren Studien seien auch nur etwa die Hälfte der Täterinnen psychisch krank gewesen, sagte Krüger. Meist sei eine Persönlichkeitsstörung festgestellt worden. Die Kindsmütter hätten indes häufig passiv gewirkt und schienen ihre Bedürfnisse den Wünschen anderer unterzuordnen. Sie verheimlichten oder verdrängten die Schwangerschaft und ließen auch keine Kontrolluntersuchungen vornehmen. Das sei für Neonatizide typisch, sagt Krüger.

Meist töteten die Frauen ihr Neugeborenes, indem sie es nicht versorgten oder erstickten. Geplant waren die Taten meistens nicht. Die Frauen sähen nach dem emotionalen Ereignis der Geburt keinen Weg, ihr Dilemma auf legalem Weg zu lösen, sagte Krüger.

Das Umfeld der Frauen bekam von diesem Konflikt meist nichts mit. "Verwandte und Bekannte gaben sich mit einfachen Begründungen für eine rasche Gewichtszunahme zufrieden", sagt Krüger. Etwa, dass diese die Nebenwirkung von Medikamenten oder einer Krankheit sei. (APA, 20.2.2013)