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"Deswegen ist die Wahlbeteiligung gesunken, weil man erkennen konnte, dass sich die ÖVP nur einen Ministranten sucht, der die Alleinherrschaft und ein Alleinregieren ermöglicht", sagt Lindenberger

Foto: APA/Parriger

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bekommt bei der Landtagswahl in Tirol am 28. April Konkurrenz aus der bürgerlichen Ecke. Neben den klassischen Parteien tritt auch eine neue Liste mit dem Namen "Vorwärts Tirol" an.

Drei prominente politische Köpfe des Landes präsentierten im Jänner die neue Partei: An der Spitze von Vorwärts Tirol steht Hans Lindenberger, der für die SPÖ von 2006 bis 2008 Landesrat war. Anna Hosp, von 2003 bis 2008 Landesrätin für die ÖVP, kandidiert im Bezirk Reutte für ein Landtagsmandat. Unterstützung bekommen die beiden von der Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck), auch der Geschäftsführer von Vorwärts Tirol stammt aus der Innsbrucker Stadtpartei: Lucas Krackl ist Klubobmann im dortigen Gemeinderat.

Abspaltung oder neue Listen?

Ist Vorwärts Tirol also eine erneute Abspaltung etablierter Parteien? "Es geht nicht um eine Absplitterung. Wir wollen signalisieren, dass unser Stil der ist, dass die Ideen des politisch anders Denkenden nicht reflexartig zurückgewiesen werden", sagt Lindenberger zu derStandard.at.

"Es wäre dann eine Abspaltung, wenn wir eine andere Partei oder eine Mutterpartei aus der Ferne als Zurufer hätten", meint Lindenberger über den Einfluss der Bundesparteien auf die Landesparteien. Unabhängig will man sein, transparent, offen für Ideen. "Wir haben auch niemanden, der uns irgendwelche Fibeln schreibt, die zur Verschlechterung des Betriebsklimas führen", so Lindenberger in Anspielung auf die ÖVP. Diese instruierte im vergangenen Jahr ihre Mitglieder mit einer Fibel gegen Rot-Grün und Steuerideen der SPÖ.

Das politische System in Tirol ist bekannt für seine Kleinparteien und Listen. Bei der letzten Landtagswahl 2008 schaffte es der ehemalige Arbeiterkammer-Präsident Fritz Dinkhauser mit seiner Liste auf 18 Prozent der Stimmen; in Innsbruck ist das konservative Lager seit gut 20 Jahren gespalten – seit der letzten Gemeinderatswahl ist dort die ÖVP in Opposition, die Liste "Für Innsbruck" ging mit SPÖ und Grünen ein Bündnis ein – ein Sündenfall für manchen ÖVP-Politiker.

Landtagseinzug möglich

Nun also Vorwärts Tirol. Ziel der Partei ist laut Lindenberger der Einzug in den Landtag – wie eine Umfrage der "Tiroler Tageszeitung" zeigt, ein realistisches Ziel. Derzeit liegt die Partei bei zehn Prozent. Eine Zusammenarbeit kann sich Lindenberger mit allen Parteien vorstellen: "Es gibt keinen Grund, jemanden auszuschließen. Es gibt aber auch keinen Grund, eine bestimmte Koalition anzunehmen. Wer unsere Ideen mitträgt, ist ein ernst zu nehmender Partner."

Lindenberger sieht in mangelnder Transparenz einen Grund für Politikverdrossenheit. Entscheidungen würden im "stillen Kämmerchen im Kreis der Amigo-Wirtschaft" getroffen. "Deswegen ist die Wahlbeteiligung gesunken, weil man erkennen konnte, dass sich die ÖVP nur einen Ministranten sucht, der die Alleinherrschaft und ein Alleinregieren ermöglicht", sagt Lindenberger auch in Richtung seiner Ex-Partei SPÖ.

Leistung vor Parteibuch

Kritik übt Lindenberger an der Art, wie in Tirol Politik gemacht wird: "Bei vielen der Entscheidungen im Land muss die Leistung vor dem Parteibuch stehen. Politik muss anders funktionieren, auch ohne den Hickhack der etablierten Parteien."

Während sich Vorwärts Tirol gerade formiert, ist das Antreten der Liste Fritz nach wie vor ungewiss: Explizit ausschließen möchte Lindenberger langfristig eine Zusammenarbeit mit der Dinkhauser-Liste nicht. "Kurz vor der Wahl war eine Plattform aber nicht möglich, weil beide sich unabhängig voneinander aufgestellt hätten", sagt Lindenberger.

Direkte Demokratie und mehr Transparenz

Die inhaltlichen Positionen der neuen Partei sind noch sehr vage, ein Parteiprogramm wird in den nächsten Wochen erarbeitet. Mit zusätzlichen Personen sollen auch Themen dazukommen. Bei Postenvergaben, Finanzzuweisungen und Entscheidungen müsse mehr Transparenz herrschen, sagt Lindenberger. Vorwärts Tirol tritt auch für demokratischere Prozesse ein. Am Dienstag wurde ein Demokratie-Paket präsentiert: Der Landeshauptmann soll direkt gewählt werden. Auch 50 Prozent der Landtagsabgeordneten will die Liste direkt gewählt wissen. Den Bundesrat will Lindenberger abschaffen, mehr als 15 Prozent der Bevölkerung sollen eine Volksbefragung in der jeweiligen Region erwirken können.

Lokale Liste

Bis zum 15. März will man die komplette Liste zusammenhaben. Für Lindenberger ist jedoch klar, dass sich die Aktionen auf Tirol und seine Bezirke beschränken. Neben den drei bekannten Namen kandidieren beispielsweise der Bürgermeister von Mutters, Hansjörg Peer (Innsbruck-Land), der Osttiroler Unternehmer Josef Schett und der ehemalige ÖVP-Landesobmann-Stellvertreter Simon Brüggl (Kitzbühel) für die Liste. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 22.2.2013)