Eine Polizistin, eine Frau im Fledermaus-Kostüm und ein stürmischer Heiratsantrag.

Foto: Courtesy http://www.bleedingcool.com

Erinnern Sie sich noch an Peter Parker, besser bekannt als das Alter Ego von Spider-Man? Nachdem das nerdige Weißbrotgesicht im Sommer 2011 von Marvel Comics in die ewigen Jadggründe befördert wurde, trat Miles Morales - halb Afroamerikaner, halb Latino - in seine klebrigen Fußstapfen.

Seine Nachfolge ist typisch für eine Entwicklung, die während des letzten Jahrzehnts vonstatten ging: Seitdem die Comic-Universen der großen US-Verlage einem "Diversity"-Check unterzogen wurden, haben viele der bekannten HeldInnen ein gründliches Makeover erfahren. Und mittlerweile tummeln sich unter den "diversifizierten" Superheroes auch jede Menge queerer Gestalten.

... put a ring on it

Was in der Realität für teils heftige politische Auseinandersetzungen sorgt, hat in den Comics eine weitgehende Normalisierung erlebt - schwule und lesbische SuperheldInnen (z.B. Green Lantern) und geschlechtsuneindeutige Figuren (wie etwa Xavin aus der Marvel-Comics-Serie "Runaways") tauchen nicht nur mehr in Kleinstrollen auf, sondern sind zu handlungstragenden Charakteren gewachsen.

Auch beim Verlag DC Comics, der zusammen mit Marvel etwa zwei Drittel des US-Comicmarktes beherrscht, setzt sich die moderne SuperheldInnen-Generation deutlich von ihren Vorgängerinnen seit den 1930er-Jahren ab. Ein aktuelles Beispiel ist Batwoman. Am Donnerstag ist das neueste Heft zur Fledermaus-Frau erschienen: Darin macht Batwoman ihrer Freundin, der Polizistin Maggie Sawyer, einen stürmischen Heiratsantrag. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass queerer Weise um die Hand angehalten wird, stellte doch schon zuvor Marvels Comics' schwuler Held Northstar aus "Astonishing X-Men" seinem Freund die Frage aller Fragen (samt Verlobungsring).

Gay Paranoia und Selbstzensur

In den 1930er bis 1950ern, der "Goldenen Ära" der Comics, wäre eine solche Konstellation schier undenkbar gewesen. 1956 wurde erstmals die Figur der Kathy Kane alias Batwoman vorgestellt - ursprünglich mit der Absicht, das gefährdete heterosexuelle Image von Batman und Robin aufzupolieren. Die Paranoia, dass das Männerpaar in Strumpfhosen schwul sein könnte, wurde vor allem von einem gewissen deutsch-amerikanischen Psychiater namens Fredric Wertham geschürt. In seinem Bestseller "Seduction of the Innocent" von 1954 beschuldigte er die populären SuperheldInnen-Comics, Gewalt zu verherrlichen sowie Leseschwäche und unmoralische Werte unter den jugendlichen LeserInnen zu verbreiten.

Werthams populistischer Feldzug gegen das blühende Comic-Genre hatte durchaus Folgen: Noch im selben Jahr trat, angeführt von konservativen PolitikerInnen, der sogenannte "Comics Code", eine Art freiwillige Selbstzensur der Comic-Verleger, in Kraft. Ihm zufolge wurden unter anderem die Begriffe "Horror" und "Terror" aus Comic-Titeln verbannt und auf die Darstellung von nackten Körpern, Konsum von Drogen oder Homosexualität verzichtet. Obgleich der Comics Code in den 1970ern gelockert wurde, segnete die Kennzeichnung erst 2011 das Zeitliche, nachdem sich mehrere große Verlage vom Comics Code verabschiedet hatten.

Comics als gesellschaftlicher Schauplatz

Doch zurück zu Batwoman: Mit ihrer Wiederauferstehung im Jahr 2006 - nunmehr ausgerüstet mit Waffen, die nicht mehr aussehen wie ein Lippenstift wie einst in den 1950ern -, trat die Fledermaus-Frau endlich aus dem Schatten von Batman. Hierzu wurde ihre Figur komplett neu erfunden: Katharine "Kathy" Kane ist jüdischer Herkunft und lesbisch - doch es ist ihre Identität als Batwoman und nicht ihre Liebe zu Frauen, die sie unter Verschluss hält. Einst wurde Kathy, ein ehemaliges Mitglied der Marine, aufgrund der (mittlerweile unter Barack Obama aufgehobenen) "Don't ask, don't tell"-Politik gar aus dem US-Militär gekickt.

Dass sich auch in den Comic-Welten von Superman & Co. die gesellschaftliche Realität ein stückweit widerspiegeln soll, hat J.H. Williams, der seit dem Relaunch der DC-Superheroes vor rund drei Jahren zusammen mit W. Haden Blackman für die Figur von Batwoman verantwortlich zeichnet, erst vor kurzem bekräftigt. Ohne explizit auf Batwomans lesbische Identität einzugehen, bemerkte Williams anlässlich der neuen "Batwoman"-Ausgabe auf seinem Blog: "Batwoman ist eine wichtige Figur, deren gesellschaftliche Bedeutung über das Papier hinaus bis in unsere Wirklichkeit hineinreicht." 

Straight, straighter, Superman

Zuletzt hat die scheinbar progressive Haltung von DC Comics allerdings an Glaubwürdigkeit eingebüßt: Für seine neuen Ausgaben von "Superman" heuerte der Verlag Orson Scott Card als Autor an - er ist in der Vergangenheit nicht nur durch seine offen homophoben Äußerungen aufgefallen, sondern bekanntermaßen auch führendes Mitglied der ultrakonservativen "National Organization of Marriage", die gegen die Eingetragene Partnerschaft bzw. die gleichgeschlechtliche Ehe auftritt und sich gegen das Adoptionsrecht für Lesben und Schwulen stark macht.

Während sich der Verlag mit einem eher lahmen Statement aus der Affäre zieht - Cards Ansichten wären rein persönlicher Natur und würden nicht die Position des Unternehmens wiedergeben -, boykottieren in den USA bereits einige Comic-Läden das von Card verfasste "Superman"-Heft. Zudem läuft derzeit eine Online-Petition, in der DC Comics aufgefordert wird, sich von Orson Scott Card zu trennen. (viyu, dieStandard.at, 22.2.2013)