In der Installation "Bodenarbeit" (2013) von Heinrich Dunst hat einmal der reale Gegenstand und ein andermal die Abstraktion die Nase vorn.

Foto: M. Wörgötter

Wien - Das Bild als Fenster zur Welt zu begreifen und verschriftlichte Sprache als das überlegene Medium, das Wirklichkeit zu abstrahieren vermag, wäre zu einfach. Denn der Mensch versuchte zwar zunächst den Abgrund zwischen sich und der Bilderwelt durch Texte zu überbrücken, aber irgendwann wurden sogar diese opak. Die Texte "werden , unvorstellbar', und der Mensch beginnt, sie zu verlassen", beschrieb Vilém Flusser einst dieses Dilemma.

Schrift und Bild sind längst keine dichotomen, aufeinander verweisenden Systeme mehr, vielmehr ist ihr Zusammenwirken dynamisch geworden. Ein Verhältnis, das die Kommunikationsphilosophie (u. a. Jacques Rancière, Roland Barthes) seit langem diskutiert. Den Diskurs verfolgt Heinrich Dunst (geb. 1955) nicht nur, sondern versucht ihn in seiner Kunst auch sichtbar zu machen. Die Grenzen von Zeichen, Sprache und Bild überspringt er dabei mehrfach, um sich anschließend zu fragen, was die Konsequenzen für die Kunst sind.

Diese Grenzauslotungen macht auch der Titel seiner seit 1995 ersten Einzelausstellung in der Galerie nächst St. Stephan deutlich: About A B order. Wenn die Malerei, so wie Boris Groys sagt, ein Fleck ist, der einen anderen Fleck verdeckt, dann impliziert das, dass bereits vor dem Auftrag der Farbe ein Bild existiert: blanke Leinwand, Rahmen, Wand.

"Was ist das Bild, und wo fängt es an?" sei für ihn die zentrale Frage der Schau. Dunst schenkt ihr Dreidimensionalität und lenkt den Blick auch auf die Bildrückseite. Denn er misstraut den Malern, die glauben, man könne noch immer etwas in das Geviert der Leinwand packen. Man könne sich aber nicht auf Lüge und Dämlichkeit einer Vorderseite fixieren, sagt er.

Das Zusammenspiel verschiedener Zeichensysteme findet sich etwa in der Installation Bodenarbeit (2013), die das Changieren von Konkretem und Abstrakten vorführt. Wo fängt das Bild an? Steht die Pop-Art inzwischen im Supermarktregal? Und wenn bereits im Waschmittelpaket ihre künstlerische Abstraktion mitgedacht wird? Die Konsequenzen für die künstlerische Produktion, sie könnten dramatisch sein.   (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 28.2.2013)