Es heißt nicht mehr "Äktschn", sondern "Katt": Hauptdarsteller Gerhard Polt am Set von "Und Äktschn!" mit der letzten Klappe.

fotot: Hoanzl

"Provinz", sagt Gerhard Polt, "ist eine Behauptung." Mit der Behauptung, das oberbayrische Freilassing sei Provinz, liegt man dennoch nicht ganz falsch. Die Kleinstadt liegt mit gut 16.000 Einwohnern gleich an der Grenze zu Salzburg. Der bayrische Filmemacher und Kabarettist Gerhard Polt hat hier (sowie in Salzburg, Bad Reichenhall und Berchtesgaden) seinen neuen Film Und Äktschn! gedreht, der im kommenden Winter anlaufen soll. Vor zehn Jahren hat der mittlerweile 70-jährige humoristische Alleskönner seinen letzten Film, Germanikus, realisiert und freut sich offensichtlich sehr über sein neues Projekt. "Ich bin ja kein gelernter Filmer", sagt er zwar bescheiden. Aber immerhin: "Wir haben schon Filme gemacht." Regie führt diesmal der Austro-Brite Frederick Baker, der sein Spielfilmdebüt vorlegt.

Das Wirtshaus als Titanic

Polt, der mit Baker auch das Drehbuch geschrieben hat, spielt den Hobby-Filmemacher Hans A. Pospiech, Mitglied eines Amateurfilmclubs. Mit anderen Filmfans trifft er sich in der Schankwirtschaft von Grete Neuriedl. Die Wirtin spielt Gisela Schneeberger: "Ich glaub, der Gerhard sieht mich immer gern in Rollen, die ein bisserl g'schnappig sind", beschreibt sie ihren Part. Schneeberger ist in einem Polt-Film fast schon unverzichtbar, zumal es dem Filmemacher sehr wichtig ist, mit Menschen zu arbeiten, die er kennt und schätzt. Gemeinsam, erzählt Polt, versuche man dann auch, "den Abend mit Genussmitteln abzuschließen". Am Set herrscht familiäre Atmosphäre: Wenn Gisela Schneeberger zum Dreh auftaucht, wird erst einmal ausgiebig das Team begrüßt - "Ja, hallo, grüß dich!"

Die Wirtschaft, die sie im Film betreibt, bezeichnet Polt als "Titanic - also, das ist kein blühendes Unternehmen". "Ganz interessant" würde die Geschichte dann auch deswegen, weil sämtliche Figuren völlig abgebrannt sind. "Und in einem kleinen Ort, wie auch in einem großen, brauchen die Leute ja ein Geld." Der Schauspieler sitzt an einem der Tische im Wirtshaus von Grete Neuriedl, das in der Realität bereits seit 100 Jahren in Freilassing steht und auch eine Brauerei beherbergt. Es herrscht jene Art von Atmosphäre, die man gern als urig bezeichnet: viel Holz, wenig Licht, das Gegenteil moderner, lichtdurchfluteter Erlebnisgastronomie.

Bevor er wieder zum Dreh muss, erzählt Polt hier, wie das (fehlende) Geld die Geschichte zum Laufen bringt: Bankdirektor Faltermeier (Michael Ostrowski) schreibt einen Filmwettbewerb aus. Weil alle Hobbyfilmer Schulden bei ihm haben, plant er bereits im Voraus, den Preis an den Schuldenkönig zu vergeben. "Der ist ja auch eingezwickt", zeigt Polt Verständnis für ihn, "denn auf der einen Seite muss er Kredite verkaufen, das ist ja sein Ding. Bei Leuten, die schon Geld haben, bringt er den Kredit nicht los. Also muss er ihn möglichst verkaufen an Leute, die Geld brauchen - nur nicht so dringend, dass sie es nicht mehr zurückzahlen können."

Ohne von der Vergeblichkeit ihres Bemühens zu wissen, arbeiten die Hobbyfilmer nun mit größtem Enthusiasmus an ihren Einreichungen. " Natürlich ist in diesem Film auch eine Melancholie drin, ja logisch", sagt Polt. Pospiech identifiziert sich nämlich mit seinem Projekt besonders: Mit Feuereifer plant er seine Dokumentation über das Privatleben von Adolf Hitler und Eva Braun - immerhin befindet man sich in der Nähe des Obersalzbergs, des Feriendomizils des Diktators.

Obwohl dieser Film-im-Film nur einen kleinen Teil der Geschichte ausmacht, ist bezeichnend, wie der fanatische Filmer sein Umfeld vereinnahmt. "Der filmt alles in Grund und Boden. Aber so sture Leut, die haben auch was Merkwürdiges", sagt Polt. "Ich will ja auch nicht einfach nur einen sympathischen Menschen spielen, sondern einen, wo ich sag: 'Ja sag einmal, gibt's denn so was?' Wenn Sie sich mit der Biografie von dem Adolf Hitler auseinandersetzen, der war in keiner Schule oder zumindest wenig - aber der hat die Leute mitgerissen, dass man es nicht für möglich hält. Immer wieder gibt es solche Leute, die andere in irgendwas mit hineinzwingen. Aber abgesehen von der Willensstärke ist die Substanz nicht sehr groß."

Polt'sche Auswüchse

Diese Willensstärke bekommt im Film auch Günther Fleischbauer zu spüren, gespielt von Robert Meyer. Der Direktor der Wiener Volksoper hat sowohl zu Polt, mit dem er bereits in Herr Ober! spielte, als auch zu den Drehorten eine Verbindung: In Bad Reichenhall geboren, verbrachte er die ersten zwei Lebensjahre in Freilassing - im Fürstenweg, in dem sich im Film sein Schallplattenladen befindet. "Schräg" findet er das.

Für den gebürtigen Steirer Michael Ostrowski ist es die erste Zusammenarbeit mit Gerhard Polt. Begeistert ist er von dessen Arbeitsweise: "Ich hab keine Lust und keine Zeit mehr für Sachen, wo sich jemand profilieren muss. Gerhard Polt aber ist es total wichtig, etwas mit Leuten zu machen, die er mag. Dass man eine Gaudi hat und zusammen etwas Klasses schafft, wo jeder sich einbringen kann." Eine weniger klasse, aber sehr Polt'sche Erfahrung machte Ostrowski in Zusammenhang mit seiner Rolle:

Anfangs war er Direktor einer Sparkasse - seit "irgendein Jurist in Berlin" die Verwendung des Markennamens untersagt hat, ist er nur mehr Direktor einer Bank. "Das ist genau einer von den Auswüchsen, über die der Polt sich immer schon lustig gemacht hat." (Andrea Heinz, DER STANDARD, 2./3.3.2013)