Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll durfte sich am Wahlabend trotz eines Minus von 3,6 Prozent als Gewinner fühlen. "Ein hart erkämpfter Sieg", befand er am Tag danach.

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STANDARD: Am Wahlabend hatte man das Gefühl, es herrsche in der ÖVP in erster Linie Erleichterung. Wie ist es am Tag danach?

Pröll: Ich bin voll von Dankbarkeit, aber ich bin auch erleichtert, das muss ich schon dazusagen. Ein hart erkämpfter Sieg fühlt sich schöner an als ein erwartbares Ergebnis. Das ist im Vergleich zu 2008 deutlich spürbar.

STANDARD: Denken Sie, dass Frank Stronach von der Zuspitzung auf das Duell gegen Sie profitiert hat?

Pröll: Das glaube ich nicht. Es zeigt sich ja der Unterschied im Wahlergebnis zwischen Kärnten und Niederösterreich: Dort, wo er selbst angetreten ist und wo wir uns ordentlich mit ihm gematcht haben, hat er schlechter abgeschnitten und sein Wahlziel nicht erreicht, als dort, wo seine Satelliten unterwegs gewesen sind.

STANDARD: Verwundern Sie die zehn Prozent für Stronach?

Pröll: Nein, das Protestpotenzial hat sich einfach aufgeteilt. Wir hatten die besondere Situation, dass zwei Parteien in der Regierung gesessen sind, die dort Opposition gespielt haben. Das spielt einem Dritten in die Hände. Noch dazu haben SPÖ und FPÖ den Fehler gemacht, dass sie sich nicht mit der neuen Protestpartei auseinandergesetzt haben.

STANDARD: Es gibt viele durch und durch schwarze Gemeinden, wo Ihre Partei fünf, sechs Prozent verloren hat. Welchen Schluss ziehen Sie daraus?

Pröll: So detailliert haben wir uns das noch nicht angeschaut, aber Sie müssen sehen, von welch hohem Niveau aus da gearbeitet wurde. Und festgefahrene Wählerklientel wie vor 20 oder 30 Jahren gibt es nicht mehr. Die Beweglichkeit wird immer größer, daher ist diese Tendenz ganz normal. Das ist für reine, enge Parteipolitiker eine große Gefahr, aber für jemanden, der offen auf die Menschen zugeht, auch eine Chance.

STANDARD: Verschwindet deswegen die Partei hinter Ihrer Person?

Pröll: Es ist wichtig, dass wir politische Parteien in der Demokratie haben, aber die Parteifarben haben zurückzutreten, wenn es um die Landesfarben geht. Im Übrigen wollen die Menschen immer mehr Persönlichkeiten wählen statt anonymer Parteien.

STANDARD: Warum treten Sie für das Mehrheitswahlrecht ein?

Pröll: Die Mehrheiten verschwimmen zunehmend, und das führt dazu, dass keine klaren Entscheidungen mehr getroffen werden können. Deshalb muss man klare Entscheidungsstrukturen schaffen, und eine Möglichkeit dafür ist das Mehrheitswahlrecht. Dann sind Opposition und Regierung klar determiniert - mit allen Konsequenzen.

STANDARD: Apropos Wahlrechtsreform: Wollen Sie die Proporz-Abschaffung, die ÖVP und Grüne versucht haben, weiter forcieren?

Pröll: Dazu kann ich noch nichts sagen, weil man erst sehen muss, wer in den anderen Parteien ans Ruder kommt. Aber dass das im Hinterkopf eine Rolle spielt, ist keine Frage.

STANDARD: Wie werden die Aufgaben in der Landsregierung verteilt?

Pröll: Die ÖVP-Mannschaft wird so bleiben, wie sie ist, das ist fix. Wir bleiben stabil und berechenbar. Dank unseres Ergebnisses ist es vollkommen irrelevant, dass Mitbewerber ins Trudeln gekommen sind. Bei den Ressorts wird es nicht allzu viel auszuverhandeln geben, ich denke nicht daran, die anderen Parteien abzuräumen. Das Wahlergebnis würde es zwar erlauben. Aber es wird keine allzu tiefen Einschnitte mehr geben.

STANDARD: ÖVP-Obmann Spindelegger hat am Wahlabend gesagt, es gelte jetzt, den Schwung aus Niederösterreich für die Nationalratswahl mitzunehmen. Wie kann das gehen bis in den Herbst?

Pröll: Ich schließe nicht aus, dass das Wahlergebnis aus Niederösterreich ein, zwei Prozent für die Bundespartei bedeutet. Der Schwung muss in den nächsten Monaten genutzt werden.

STANDARD: Soll die Wahl vorgezogen werden?

Pröll: Nein, absolut nicht. Das würde einen deutlichen Widerspruch zur Verlängerung der Legislaturperiode bedeuten. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 5.3.2013)