Zufireden mit ihrem ungewöhnlichen Schlafquartier: Eine Hardwicke-Wollfledermaus.

Foto: Michael Gerhard Schöner

Greifswald - Als nachtaktive Tiere stellen Fledermäuse besondere Ansprüche an ihr Schlafquartier: Es muss nicht nur Schutz vor Räubern, Parasiten und schlechtem Wetter bieten, sondern auch einer zu hohen Erhitzung aufgrund von Sonneneinstrahlung vorbeugen. Ein besonderes Tagesquartier hat sich die nur wenige Zentimeter große Hardwicke-Wollfledermaus (Kerivoula hardwickii) auf Borneo gesucht, wie die Universität Greifswald berichtet. Die Fledermaus verbringt den Tag in den Kannen fleischfressender Pflanzen. 

Die Greifswalder Biologen Caroline und Michael Schöner konnten in einer Studie nachweisen, dass die Tiere zwei Kannenpflanzenarten als Quartier nutzen, allerdings sind nicht beide gleich gut geeignet. Nepenthes hemsleyana ist die bessere Variante - diese Pflanze ist sogar eine Symbiose mit den Fledermäusen eingegangen. "Nepenthes hemsleyana ist eine ziemlich schlechte Falle für Insekten. Daher hat sie sich an ihre Bewohner angepasst, um – sozusagen als Miete – Nährstoffe aus dem in der Kannenflüssigkeit hinterlassenen Fledermauskot zu gewinnen", erklärt T. Ulmar Grafe von der Universität Brunei, der mit den Greifswalder Kollegen zusammengearbeitet hat. 

Ausweichquartier mit weniger Sternen

Das "Ausweichquartier" heißt Nepenthes bicalcarata. Deren Kannen sind aber, solange die Pflanze noch lebt, für die Fledermäuse nicht nutzbar, da sie nahezu vollständig mit Verdauungsflüssigkeit gefüllt sind. Daher gehen die Tiere bei dieser fleischfressenden Pflanzenart ausschließlich in abgestorbene oder beschädigte Kannen, aus denen die Flüssigkeit bereits ausgelaufen ist. Optimal ist das allerdings nicht: "Unsere Studien zeigen, dass in den Kannen von Nepenthes hemsleyana ein stabileres Klima herrscht, was sehr vorteilhaft für die Fledermäuse sein dürfte. Außerdem können sich in diesen Kannen keine Fledermausparasiten an den Wänden festhalten", sagt Michael Schöner.

Insgesamt ist den Forschern zufolge die Unterkunft in den Kannen von Nepenthes bicalcarata für die Fledermäuse weniger vorteilhaft. Ein Indiz dafür könnte sein, dass Tiere, die vorwiegend in abgestorbenen Kannen von Nepenthes bicalcarata gefunden wurden, in schlechterer körperlicher Verfassung waren als Artgenossen, die Nepenthes hemsleyana bevorzugen. Dass die Fledermäuse dennoch auch in diesen qualitativ schlechteren Quartieren schlafen, erklärt Caroline Schöner mit dem höheren Vorkommen von Nepenthes bicalcarata. (red, derStandard.at, 9. 3. 2013)