Einzelhandelsimmobilien sind begehrt wie schon lange nicht.

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Kurz vor der internationalen Gewerbeimmobilienmesse Mipim in Cannes, die am Dienstag beginnt, haben die Research-Abteilungen österreichischer Immobilien-Dienstleister wieder ihre aktuellen Investment-Marktberichte präsentiert. Laut jenem von Otto Immobilien erreichte das Volumen auf dem heimischen Investmentmarkt im Vorjahr rund 1,6 Milliarden Euro, womit das Ergebnis von 2011 um sieben Prozent übertroffen werden konnte. Dabei seien vor allem Käufer aus Deutschland für die Steigerung verantwortlich gewesen, heißt es darin weiter.

Laut Studienautorin Martina Paukner lassen sich die Investoren generell in mehrere Gruppen unterteilen: Zunächst jene, die weiterhin auf das "Core"-Segment (Top-Immobilien in Bestlagen) fixiert sind, wobei allgemein eine Lockerung der strengen Bedingungen festzustellen sei. Es wachse aber auch die Gruppe jener Investoren, die Abweichungen vom "idealen Topprodukt" betreffend den Vermietungsstand oder die Laufzeit der Verträge in Kauf nehmen, "im Austausch gegen eine höhere Rendite". Dabei handle es sich vorwiegend um nationale Investoren, die eine "Bereitschaft zu einem höheren Engagement für die Objekte direkt vor Ort" zeigen würden.

Private kaufen auch Büros

Vermehrt seien auch Projektentwickler aktiv, die nicht mehr zeitgemäße Bestandsobjekte erwerben, um sie per Refurbishment samt Umnutzung wieder auf den Markt zu bringen. Die aktuell hohen Preise für Wiener Wohnungseigentum machen dabei die Umwandlung von Zinshäusern in Wohnungseigentum attraktiv.

Laut der Otto-Expertin treten außerdem vereinzelt bereits private Investoren auf dem Wiener Büroimmobilien-Investmentmarkt in Erscheinung, was auch Michael Ehlmaier, Geschäftsführer von EHL Immobilien, bestätigt: Private würden sich mittlerweile sogar für Retail-Objekte interessieren und seien dort besonders im Segment zwischen zwei und zehn Millionen Euro aktiv.

Rund 1,25 Milliarden Euro und damit etwa zwei Drittel der gesamten 2012 in Österreich getätigten Immobilieninvestments entfielen laut CBRE auf das zweite Halbjahr. Die Verteilung auf die unterschiedlichen Sektoren unterliege dabei "saisonalen" Schwankungen; so wurde etwa im zweiten Quartal primär in Hotels und Büroimmobilien investiert, während das dritte Quartal von Retail-Investments dominiert war.

Einzelhandel gefragt

Zu den größten Transaktionen des Vorjahres zählte der Verkauf eines Gebäudeteils der "BahnhofCity Wien West" an die Schweizer Investmentgesellschaft Acron. Sie erwarb den Nordtrakt, in dem ein "Motel One" untergebracht ist, für 88 Millionen Euro. Die drei Geschoße, die zur Shopping Mall gehören, wurden allerdings von der ÖBB Immobilienmanagement GmbH gleich wieder zurückgemietet, da das Managementunternehmen ECE die insgesamt rund 17.000 m² an Retail-Flächen mit 90 Shops weiterhin im Auftrag der ÖBB managen soll, wie es von Seiten der ÖBB dazu heißt.

Weitere große Transaktionen waren die Verkäufe zweier Einkaufszentren in Graz und Linz durch die Ikea Center Group an die Blue Estate bzw. die ECE. Kräftig zugelangt hat auch der Warburg-Henderson Österreich Fonds Nr. 2 mit dem Fachmarktzentrum Fürstenfeld, dem Linzer "Infra Center", dem EKZ Spittal und dem Marchfeldcenter in Groß-Enzersdorf.

Insgesamt lagen Investments in Einzelhandelsimmobilien mit 41 Prozent noch vor Büroimmobilien (ca. 33 Prozent), was einem Trend folge, der auch in anderen europäischen Märkten festzustellen ist, heißt es von CBRE. Die aktivsten ausländischen Investoren waren deutsche Anleger (ca. 30 Prozent) und hier v.a. offene Fonds und Spezialfonds.

US-Investoren in Europa sehr aktiv

Auf dem rund 120 Milliarden Euro schweren gesamteuropäischen Gewerbeimmobilienmarkt erreichte das Investitionsvolumen im vierten Quartal 44,8 Milliarden Euro, was einem Zuwachs von 25 Prozent im Vergleich zum vierten Quartal 2011 entspricht. Die erhöhte Investitionstätigkeit sei auf einen signifikanten Anstieg von länderübergreifenden Investitionen zurückzuführen. Auf diese entfielen 46 Prozent des Gesamtumsatzes im vierten Quartal.

US-Investoren waren dabei am aktivsten: Auf sie entfiel im zweiten Halbjahr 2012 ein Anteil von 23 Prozent. Der Kauf der deutschen TLG Immobilien GmbH um rund 1,1 Milliarden Euro durch das US-amerikanische Private-Equity-Unternehmen "Lone Star" war der bemerkenswerteste Deal des vierten Quartals. Diese Transaktion zeige auch das wieder vermehrte Interesse internationaler Investoren am Sekundärmarkt.

Auch Deutsche weiterhin aktiv

Die zweitstärkste Gruppe stellten laut CBRE deutsche Investoren dar, die sich anders als amerikanische Investoren nach wie vor auf Core-Immobilien in den wichtigsten europäischen Städten konzentrieren. Auf Paris und Central London entfielen demnach 50 Prozent der länderübergreifenden Investitionen aus Deutschland. Die übrigen deutschen Cross-border-Investitionen waren verteilt auf traditionell von deutschen Investoren bevorzugte Märkte und hier vor allem in Core-Immobilien mit relativ niedrigen Renditen in Österreich, Norwegen und Polen.

Dass Norwegen hier bereits an 3. Stelle genannt wird, mag überraschen. Dies ist laut CBRE aber auf die starke Investitionstätigkeit des norwegischen Pensionsfonds NBIM zurückzuführen, der an mehreren der größten Transaktionen beteiligt war. Unter anderem erwarb der Fonds 50 Prozent am britischen Einkaufszentrum Meadowhall und an dem Gebäudekomplex "Die Welle" in Frankfurt.

London stark, CEE schwächelt

Mit einem Anteil von 21 Prozent an der Investitionstätigkeit auf den europäischen Gewerbeimmobilienmärkten unterstreicht London 2012 seine Vorrangstellung als größter und liquidester Investmentmarkt Europas. Die internationale Investitionstätigkeit in London verzeichnete 2012 einen starken Anstieg von 59 Prozent; das Volumen stieg von 8,4 Milliarden auf 13,4 Milliarden Euro, wobei ein Großteil der Investitionen aus Asien sowie Nord- und Südamerika kam.

Die Investments in den CEE-Ländern haben sich hingegen wieder abgeschwächt. Nach einem sehr guten Jahr 2011 mit einem Volumen von 11,6 Milliarden Euro (dem zweithöchsten Wert in der Geschichte) wurden 2012 nur rund 7,6 Milliarden in der gesamten Region in Immobilien investiert. Der Anteil der CEE-Investments am 120,4 Milliarden Euro schweren gesamteuropäischen Investmentmarkt liegt allerdings noch immer bei 6,3 Prozent, was nahe am langjährigen Durchschnitt liegt.

Dieser Trend sollte sich auch 2013 fortsetzen, erwartet man bei CBRE. "Russland, Polen und Tschechien sind sehr gefragt und für diese Länder sind auch noch Finanzierungen durch Banken realistisch, während es vor allem in den SEE-Ländern kaum Bewegung gibt", sagt Georg Fichtinger, Head of Capital Markets bei CBRE Österreich.

"Stark verbesserte Liquidität" auf wichtigsten Märkten

Für 2013 erwartet er "anhaltende Kapitalzuflüsse aus verschiedenen Regionen weltweit". Die Investoren aus Asien und Nordamerika hätten nach wie vor Interesse an den europäischen Gewerbeimmobilienmärkten. "Während London bis heute am meisten von ausländischen Investitionen profitiert hat, gehen wir davon aus, dass eine Reihe anderer europäischer Städte im Laufe des Jahres eine höhere Anziehungskraft ausüben werden. Die unterschiedlichen Risikoprofile der Investoren werden sich auf den einzelnen Märkten widerspiegeln."

Das Transaktionsvolumen werde zwar nicht wieder auf das Niveau von 2006 oder 2007 steigen, "aber Europas wichtige Märkte zeigen eine stark verbesserte Liquidität. Zudem dürfte 2013 die sich allmählich verbessernde wirtschaftliche Gesamtsituation auf einigen Kernmärkten Europas zu mehr länderübergreifenden Investitionen führen", so Fichtinger. (map, derStandard.at, 11.3.2013)