Nehmt den Reichen und gebt den Armen. So könnte man das am Montag von den deutschen Sozialdemokraten vorgelegte Programm für die Bundestagswahl im September überschreiben. Wiedereinführung der Vermögensteuer, höherer Spitzensteuersatz für Reiche, Mindestlohn von 8,50 Euro - dafür tritt die SPD ein.

Diese Renaissance des Sozialen (oder dessen, was die SPD darunter versteht) ist jedoch etwas irritierend. Nicht weil das Programm grundsätzlich verdammenswert wäre –  sondern weil es nur schwer vorstellbar ist, dass Kanzlerkandidat Peer Steinbrück das alles jetzt bis zur Wahl inbrünstig und glaubhaft vertritt.

Er war nie der "soziale Peer", er galt und gilt vielmehr als Mann der bürgerlichen Mitte. Mit ihm – das wissen seine Freunde und Feinde – lässt sich bei den Linken eigentlich kein Blumentopf gewinnen. Steinbrück sollte in den bürgerlichen Teichen fischen und dort so manchen zur SPD holen, der früher sein Kreuz bei der CDU gemacht hatte. Doch nun liegt ein Programm auf dem Tisch, das eigentlich viel besser zu SPD-Parteichef Sigmar Gabriel passt, auch wenn Steinbrück versucht, es sich schönzureden.

Zuerst hat der Kanzlerkandidat die Bundesrepublik wochenlang mit seinen lustvollen Tritten in diverse Fettnäpfchen unterhalten. Jetzt bekommt er ein linkes Programm aufgedrückt. Wie er in den sechs Monaten bis zur Wahl Terrain gutmachen will, muss er erst noch erklären. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 12.3.2013)