Der Chinesische Riesensalamander wendet eine bisher unbekannte Technik des "Saugschnappens" an.

Foto: Egon Heiss

Wien/Antwerpen - Wie das größte lebende Amphib, der Chinesische Riesensalamander, bei der Nahrungsaufnahme vorgeht, haben Wissenschafter nun mittels Zeitlupe und Computermodellen untersucht. Dabei zeigte sich, dass der urtümliche Flussbewohner eine bisher unbekannte Technik des "Saugschnappens" anwendet, mit der er einen Fisch von der Größe einer Forelle innerhalb von nur 0,05 Sekunden einsaugt. Seine spezielle Technik gibt Hinweise darauf, wie sich bei frühen Landtieren die überlebensnotwendige Zunge herausbilden konnte. Ihre Erkenntnisse haben die Forscher um Egon Heiss von der Universität Wien im "Journal of the Royal Society Interface" veröffentlicht.

Der Riesensalamander zählt zu den ursprünglichsten noch lebenden Amphibien, da sich seine Anatomie seit über 160 Millionen Jahren kaum verändert hat, wie es seitens der Uni Wien heißt. Er lebt in den Flüssen Zentral- und Ost-Chinas und ernährt sich dort von Fischen und Krebsen. Das tut er jedenfalls auf sehr spezielle Weise, denn bei seiner speziellen "Saugschnapp"-Technik wirkt die vier bis sechsfache Erdanziehungskraft auf die Beute des Salamanders ein.

High-Speed-Kameras und Computermodell

Mit speziellen High-Speed-Kameras, die 2.000 bis 6.000 Bilder pro Sekunde liefern, filmten Heiss und sein Team drei Chinesische Riesensalamander bei der Jagd. "Außerdem haben wir mit Hilfe von Computertomographie und digitalen 3-D Rekonstruktionstechniken die Kopf-Anatomie eines konservierten Exemplars analysiert." Anhand der Ergebnisse haben die Forscher ein Computermodell erstellt und ein konserviertes Exemplar "im Computer quasi zum Leben erweckt". Mit einer speziellen Software berechneten sie so die Wasserbewegungen um den Riesensalamander beim simulierten Saugschnappen.

Anders als andere hocheffiziente "Saugschnapper" wie etwa Fische nutzt der Salamander keine schnelle Volumenerweiterung des Kiemen- bzw. Rachenraumes, um den blitzartigen Druckabfall im Mund-Rachenraum herbeizuführen. "Riesensalamander reißen Ober- und Unterkiefer in hoher Geschwindigkeit auseinander. Das führt zu einem Druckabfall zwischen den 'Kieferplatten'. Die Beute strömt gemeinsam mit dem umgebenden Wasserkörper blitzartig ins geöffnete Maul", erklärte Heiss.

Weg frei für Evolution der Zunge

"Der Mechanismus des Saugschnappens war ein wichtiger Schritt, bevor die Amphibien vor circa 360 Millionen Jahren das Land erobert haben, und machte den Weg frei für die Evolution unserer Zunge." Sie konnte sich nämlich nicht direkt aus dem Saugapparat von Fischen bilden, da die Übergangsformen entweder im Wasser ohne Saugschnappen oder an Land ohne Zunge verhungert wären.

Der im Rahmen eines Stipendiums aktuell an der Universität Antwerpen tätige Forscher hat nun einen alternativen biomechanischen Weg aufgezeigt. Die Beute durch kraftvolles Öffnen des Mauls einzusaugen, befreite nämlich die Kiemenbögen von ihrer Saugfunktion. "Dadurch konnten sie für andere Funktionen umgestaltet werden - der Weg für die Evolution der Zunge war frei", so Heiss. (APA, 11.3.2013)