Wien - Mehr als zwei Millionen Österreicher haben ein Risiko für die Entwicklung eines chronischen Nierenversagens. Darauf verwiesen am Mittwoch Fachleute der Österreichische Gesellschaft für Nephrologie (ÖGN) anlässlich des "Weltnierentags", der am 14. März stattfindet. Zudem gebe es für nephrologische Erkrankungen noch eine zu geringe Bewusstseinsbildung, so die Experten.

Das Hauptproblem liege darin, dass Nierenerkrankungen oft zu spät erkannt werden. Zunächst verspüren die Patienten keine Schmerzen, wenn das Organ seine Leistungsfähigkeit verliert. Das heißt auch, dass Symptome häufig erst dann auftreten, wenn das Organ bereits irreversibel geschädigt ist. Zu den Hauptursachen für die Entwicklung einer Niereninsuffizienz zählen Diabetes, Bluthochdruck und nephrotoxische Medikation.

Allgemeinmediziner sensibilisieren

Mehr als zwei Millionen Österreicher leiden an Bluthochdruck oder Diabetes und zählen laut Expertenmeinung zur Risikogruppe derjenigen, die einem hohen Risiko einer Verschlechterung der Nierenfunktion ausgesetzt sind.

Erich Pohanka, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie dazu: "Abgesehen davon, dass ein Nierenversagen mit Dialysepflichtigkeit das Leben der Patienten wesentlich beeinträchtigt, erhöht sich generell das Erkrankungs- und das Mortalitätsrisiko bereits bei einer Nierenfunktionseinschränkung auf unter 60 Prozent. Je weiter die Nierenfunktion abnimmt, umso höher wird das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen, was auch zu einer Beteiligung anderer Organe führt. Dementsprechend steigt auch die Anzahl der Krankenhausaufenthalte. Es ist also die primäre Aufgabe, Risikopatienten zu untersuchen und jene mit einer Nierenfunktion unter 60 Prozent herauszufiltern."

Zunächst ist es aus Sicht der Nierenexperten wichtig, die Allgemeinmediziner für eine regelmäßige Überprüfung der Nierenfunktion bei Risikopatienten zu sensibilisieren. Die Patienten mit einer Leistungsreduktion der Niere kommen vorwiegend in einem sehr späten Stadium zum Spezialisten ins Spital - meist ist eine Nierenersatztherapie (Hämo- oder Bauchfelldialyse beziehungsweise Nierentransplantation) dann die einzige Rettung. Eine Dialyse ist sowohl kostenintensiv (pro Patientenjahr 60.000 Euro), als auch für den Patienten mit existenziellen Einschnitten in sein Leben verbunden.

Einfache und günstige Screenings vorhanden

"Derzeit sind in Österreich rund 4.000 Personen in einer der beiden Formen der Nierenersatztherapie (Dialyse). Neben dem hohen persönlichen Risiko für den Patienten verursacht das Kosten von über 200 Millionen Euro pro Jahr. Damit könnten umfassende präventive Maßnahmen in der Risikopopulation gesetzt werden", erklärte Alexander Rosenkranz, Vorstandsmitglied der ÖGN und Leiter der Klinischen Abteilung für Nephrologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin in Graz.

"Da einfache und günstige Screeningmethoden für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit der Niere vorhanden sind, ist es sinnvoll, zumindest die Risikopopulation der Hypertoniker und Diabetiker, durch Allgemeinmediziner oder Internisten, auf Nierenfunktionseinschränkung und Proteinurie zu testen", so Sabine Schmaldienst von der MedUni Wien.

Dafür eigenen sich Tests auf die Filtrationsrate (Glomulärer Filtrationsrate - GFR, auf den sogenannten Kreatininwert und Eiweißausscheidung mit dem Harn - Proteinurie). Ihrer Ansicht nach notwendig sei auch die flächendeckende Etablierung von Zentren für jeweils 500.000 bis 700.000 Menschen. Demnach müssten in Österreich mindestens zehn solcher Zentren eingerichtet werden. (APA/red, derStandard.at, 13.3.2013)