Wien - Garip P. ist 38 Jahre alt und arbeitet im Tourismusmanagement. Wer mit ihm spricht, hört Deutsch mit typisch Wiener Einschlag - kein Wunder, denn er ist in Wien geboren.

Doch obwohl P. in Österreich lebt, hier auch weiter zu bleiben gedenkt und Steuern bezahlt, hat er nur eingeschränkte Rechte: jene, die in Österreich Ausländern zukommen, also etwa nicht das Recht zu wählen. Weil Garip P. nach wie vor Türke ist und sein Einbürgerungsantrag noch immer nicht positiv beschieden ist.

Wie kann es sein, dass ein erwachsener Mann, ein in Österreich sozusagen Eingeborener mit Lebensmittelpunkt in Österreich, Schwierigkeiten hat, Österreicher zu werden? "Mein Vater, der zum Arbeiten hierherkam, hatte immer vor, später in die Türkei zurückzuziehen. Also blieb er türkischer Staatsbürger, und ich, sein Sohn, mit ihm", schildert P. Tatsächlich hätte der Vater die hiesige Staatsbürgerschaft annehmen müssen, um auch Garip ab Geburt zu einem Hiesigen zu machen.

Einheimisch und doch fremd

Daher ging Garip als Türke in Wien zur Schule, ließ sich als Türke zum österreichischen Touristiker ausbilden, arbeitete als Türke in Österreich in diesem Bereich: ein Einheimischer und doch ein Fremder.

Alljährlich, so Grünen-Integrationssprecherin Alev Korun, würden wegen des strikten Abstammungsprinzips im Staatsbürgerschaftsrecht "rund 10. 000 im Inland geborene Kinder zu Ausländern gemacht" - und die derzeit in Vorbereitung befindliche Gesetzesnovelle werde laut vorliegendem Entwurf daran nichts ändern.

Und, so die Grüne: Auch spätere Einbürgerungsversuche Betroffener würden laut Novellenentwurf nicht erleichtert. Offenbar solle sich an den langen und strengen Fristen nichts ändern - und die von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) gepriesene beschleunigte Einbürgerung werde nur wenigen helfen.

Warten auf Novelle

Im Innenministerium heißt es, dass die Novelle derzeit erst in Entwurfform vorliege, Einwände seien noch nicht eingearbeitet.

Nach sechs - statt im Regelfall zehn - Jahren können indes auch in Österreich geborene Ausländer eingebürgert werden - wenn sie alle verlangten Voraussetzungen erfüllen, etwa was Einkommen und Selbsterhaltung betrifft.

Fehlender Aufenthaltsnachweis

So auch Garip P., doch im September 2011 wurde er von der zuständigen Wiener MA 35 wieder weggeschickt: Es fehle der Nachweis für sechsjährigen ununterbrochenen Aufenthalt. Mit dem Antrag müsse er daher bis März 2012 warten - und die Unterlagen über Einkommen, Schuldenfreiheit und Ähnliches wieder erneuern, auch wenn ihn das erneut mehrere hundert Euro koste.

"Es stimmt, 2005 und 2006 habe ich in der Türkei meinen kranken Vater gepflegt. Nach seinem Tod kehrte ich nach Österreich zurück", schildert P. Als gesetzestreuer Mensch habe er sich damals in Österreich abgemeldet. Dass dies ihm, der in Österreich aufgewachsen ist, als Fristunterbrechung gewertet wird, "finde ich, gelinde gesagt, unfair". Korun sieht das ähnlich: "Härten wie diese verhindern eine Integration", meint sie. (Irene Brickner, DER STANDARD, 14.3.2013)