Nicht nur auf das Wetter ist gegenwärtig kein Verlass. Denn erstens, so meldet die Leipziger Volkszeitung auf ihrer ersten Seite, plündern " Problem-Waschbären" zunehmend die Weinberge an der Saale und sorgen für Ernteausfälle bei dem Saft, der hier "viele Freunde hat". Zweitens, lernt man, habe sich die bekannte Autorin und Neu-Leipzigerin Sabine Ebert von ihrer Hebammensaga abgewandt und einen Roman über die Leipziger Völkerschlacht von 1813 geschrieben.

Wer solche Meldungen liest, muss viel Zeit haben. Und die hat man auch, wenn man sich entschließt, von der Innenstadt mit der Straßenbahn zum neuen Messezentrum Leipzig zu fahren, das 1996 gleich neben das BMW-Werk in die grüne Wiese geklotzt wurde. Ist man dann endlich in den Buchmessen-Hallen, stellt man fest, dass nicht nur historische Stoffe nach wie vor gut nachgefragt werden, sondern auch Autobiografien. Nachdem im Vorjahr Arnold Schwarzenegger auf der Frankfurter Buchmesse seine Autobiografie Total Recall vorlegte und für einiges Medienaufsehen sorgte, kontert Leipzig mit Michail Gorbatschow, der seine Lebenserinnerungen Alles zu seiner Zeit vorstellt. Der ehemalige Sowjet-Präsident, der 1989 kurz vor der Wende in Ostberlin mit "Gorbi, Gorbi"-Sprechchören empfangen wurde, ist hier immer noch eine Art Volksheld, das spürt man.

Allerdings nicht für alle. Es gibt auch solche, die behaupten, erst er habe dem Raubtierkapitalismus Tür und Tor geöffnet. Gregor Gysi übrigens ist auch da - und er ist spät dran. Sein Buch Wie weiter. Nachdenken über Deutschland wurde nicht rechtzeitig fertig. Dafür wird er am Samstag mit dem ehemaligen SED-Politiker Hans Modrow zum Thema " Ostdeutsch oder angepasst" diskutieren. (Stefan Gmünder aus Leipzig, DER STANDARD, 16./17.3.2013)