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Diesel ist in Frankreich stark subventioniert. Die Regierung will das ändern. Widerstand der Autofahrer ist programmiert.

Foto: EPA/SEBASTIEN NOGIER

Rudolf Diesel, Erfinder des gleichnamigen Motors, war zwar Deutscher - die eigentliche "Diesel-Nation" ist aber heute Frankreich. 70 Prozent der Neuwagen fahren mit "gazole", französisch für Diesel. Die Behörden in Paris fördern diesen Kraftstoff seit Jahrzehnten, indem sie ihn weniger stark besteuern als normales Benzin. Diesel kostet deshalb etwa 15 Cents weniger als normales Benzin.

Das soll nun anders werden. Umweltministerin Delphine Batho will den Preisvorteil für Diesel aufheben. "Wir müssen mittelfristig zu einer Übereinstimmung zwischen dem Tarif für Bleifrei und Diesel gelangen. Wir können nicht einen Abstand von 18 Cent beibehalten, schließlich stellt Diesel wegen der Feinpartikel ein Problem der öffentlichen Gesundheit dar."

6,9 Milliarden Euro pro Jahr

Batho stützt sich auf einen Bericht des Rechnungshofs, demzufolge die Dieselverbilligung die Staatskasse jährlich 6,9 Milliarden Euro an Steuereinnahmen kostet. Dies sei umso weniger vertretbar, als Diesel unökologisch sei, meint die Ministerin: Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben in Frankreich pro Jahr 42.000 Menschen frühzeitig wegen der fraglichen Rußpartikel.

Diese krassen Zahlen zwingen Frankreich zu einer "unausweichlichen" Preisangleichung, wie Batho sagt. Die Besitzer von Dieselmotoren - das heißt die Mehrheit der französischen Autofahrer - fühlen sich verschaukelt. Sie hatten beim Kauf ihres Fahrzeugs genau gerechnet und für die Dieselversion bis zu 20 Prozent mehr bezahlt als für einen Benzinmotor des gleichen Fahrzeugmodells. Dafür beziehen sie den Treibstoff billiger. Wer viel fährt, fährt mit "gazole" auf lange Sicht billiger. Pariser Taxifahrer benützen zum Beispiel fast nur Dieselmotoren.

Anreize zum Umsteigen

Nicht nur sie gehen nun auf die Barrikaden. Auch die Autohersteller sind gegen eine Änderung der französischen Treibstoffpolitik. So vor allem der PSA-Konzern (Peugeot, Citroën), der wegen des Preisunterschieds an der Zapfsäule über die Jahre eine starke Stellung in der Dieseltechnologie aufgebaut hat. In den PSA-Fabriken Lothringens und Nordfrankreich stellen mehrere tausend Arbeiter Dieselmotoren her. Auch Renault-Vorsteher Carlos Ghosn wehrt sich gegen Bathos Pläne.

Präsident François Hollande, der in Meinungsumfragen generell an Boden verliert, schickt Industrieminister Arnaud Montebourg vor, um die Wogen zu glätten. Dieser spricht sich dezidiert gegen eine stärkere Besteuerung von Diesel aus. Es gehe nicht an, meint er, die französischen Autohersteller zu benachteiligen, die schon genug Probleme hätten.

Umweltschädigung

Die Umweltschädigung durch "gazole" kann Montebourg aber auch nicht wegreden. In Absprache mit Batho plädiert er deshalb für eine " Konvertierungsprämie": Dieselfahrer sollen mit Subventionsanreizen zum Umsteigen bewogen werden.

Eine Abwrackprämie - nicht nur für Dieselautos - hatte Frankreich schon vor vier Jahren eingeführt. Das änderte nichts daran, dass die französische Autoindustrie nach einem kurzen Anstieg der Verkaufszahlen in eine schwere Absatzkrise schlitterte. Die Diesel-" Konvertierungsprämie" wäre damit nur beschränkt vergleichbar: Sie ist ökologisch, nicht konjunkturpolitisch motiviert. Batho will sie im Frühsommer bei einer Umweltsteuerreform vorstellen. Montebourg schränkt aber schon jetzt ein, das Umsteigen werde "viel Zeit" in Anspruch nehmen. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 18.3.2013)