Wien - Die Verankerung von neuen Spekulationsrichtlinien für die Länder in der Verfassung ist neuerlich gescheitert. Statt des von der Koalition angestrebten Beschlusses kam es am Mittwoch im Nationalrat bloß zu einer so genannten Einwendungsdebatte, bei der diskutiert wurde, wer nun daran schuld sei, dass es wie schon im Februar zu keinem positiven Ergebnis kam. Das nicht so überraschende Ergebnis: die Koalition sieht vor allem in FPÖ und Grünen die Schuldigen und vice versa.

Beantragt wurde die Debatte vom BZÖ, das das Thema Länder-Finanzen unabhängig von der Chance auf einen Beschluss auf der Tagesordnung sehen wollte. Freilich nützte Klubchef Josef Bucher seine Redezeit dann fast zur Gänze dafür, über die Zypern-Krise zu sprechen und einen verfassungsrechtlichen Schutz für die österreichischen Spareinlagen zu fordern. Zur Sache kam später Klub-Kollege Herbert Scheibner, der forderte, nicht weiter auf die Befindlichkeiten der "Landesfürsten" Rücksicht zu nehmen und zügig zu einem modernen Haushaltsrecht in den Ländern zu kommen. So schwierig könne es ja nicht sein, das aus dem 17. Jahrhundert stammende System der Kameralistik adäquat zu ersetzen. Allerdings deutete das BZÖ an, dass es wohl dem letzten Entwurf zugestimmt hätte, was für eine Verfassungsmehrheit aber nicht gereicht hätte.

FPÖ scherte aus

Hoffnungsträger der Koalition, was die Stimmen für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit angeht, war bis Dienstagabend die FPÖ, hatte sich doch mit Alois Gradauer einer ihrer Verhandler für das zuletzt vorgelegte Modell von SPÖ und ÖVP ausgesprochen. Nachdem sich der Klub dann doch zu einem Nein entschieden hatte, reagierten die Koalitionsparteien entsprechend verärgert. VP-Klubobmann Karlheinz Kopf beschied den Freiheitlichen, dass es noch schlimmer sei, das Gesicht als Wahlen zu verlieren. Die FPÖ habe letztlich nur aus taktischen Gründen das Paket abgelehnt.

FP-Klubchef Heinz-Christian Strache wies die Vorwürfe zurück und begründete, warum seine Fraktion keine Zustimmung gibt. Die vorgesehenen Regelungen würden den Landeshauptleuten erst recht wieder die Gelegenheit zur Blockade geben. Erst beim Jugendschutz habe man zuletzt gesehen, wie schnell entsprechende Vereinbarungen wieder gebrochen würden. Und in der Frage der Veranlagungen könne es ohnehin nicht so sein, dass wieder die Länder definieren könnten, was überhaupt Spekulation sei.

In einer Presseaussendung kritisierte Strache am Mittwoch die Aussagen Kopfs, wonah auf die FPÖ kein Verlass sei, scharf.  Die FPÖ habe "solch schäbig, mies und unehrlich handelnden Herrschaften wie Kopf niemals eine Zusage zu diesem nicht optimalen Gesetzesvorschlag gegeben", empörte sich Strache. Die ÖVP und Kopf würden mit "solch unwahren Behauptungen" nur beweisen, "dass sie aufgrund ihrer Falschheit und Unehrlichkeit kein verlässlicher und korrekter Gesprächs- und Verhandlungspartner sind". Der "Volksmund: 'Trau keinem Schwarzen'" bestätige sich, meinte der FPÖ-Chef.

Strache mit Grünen einig

Selten einig war sich Strache da mit den Grünen. Deren Vizeparteichef Werner Kogler betonte, dass die Vorschläge der Koalition nur Fahrpläne, aber keine Inhalte enthielten. Genau die bräuchte es aber bei einer verfassungsrechtlichen Verankerung. Neuerlich schlug Kogler vor, dass das Parlament in direkte Verhandlungen mit dem Vorsitzenden der Landeshauptleute-Konferenz, dem Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), treten sollte.

Grüne wollen neuen Anlauf

Die Grünen wollen allerdings einen neuen Anlauf starten, um Spekulationsverbot und Reform des Haushaltsrechts doch noch in die Verfassung zu bringen. Kogler will dazu sowohl die Parlamentsparteien als auch Finanzministerium und Länder mit an den Tisch bekommen. Er werde diesbezüglich "durchaus im Frieden" auch Wallner einladen, so Kogler gegenüber der APA.

Wallner hatte zuvor deponiert, keinen Spielraum mehr für Verhandlungen zu sehen. Kogler plädiert dagegen dafür, den Fahrplan zur Reform des Haushaltsrechts der Länder noch um einige Grundsätze zu erweitern. Und beim Spekulationsverbot will der Grüne klarstellen, dass nicht nur die spekulative Veranlagung von Krediten sondern auch von sonstigem Landesvermögen ausgeschlossen wird.

Gelassenheit bei SPÖ

Eher gelassen nahm die Debatte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Er verwies darauf, dass man ohnehin schon zu 95 Prozent einig sei. Es sei zwar kein Renommee, dass man jetzt bereits zum zweiten Mal nicht die notwendige Zweidrittel-Mehrheit erreiche, aber man müsse eben jetzt noch einmal in Verhandlungen gehen. SP-Klubobmann Josef Cap hatte davor in einer Geschäftsordnungsdebatte die FPÖ wegen ihrer späten Ablehnung getadelt.

Seitens des Team Stronach fragte sich Klubchef Robert Lugar, was es für ein Parlamentarismus-Verständnis sei, wenn hier nach Vorstellung der Koalition nur über Dinge gesprochen werden solle, "die eh schon ausgepackelt sind". Man sollte die Begründungen der Opposition wenigstens anhören, schließlich sei das Hohe Haus keine Abstimmungsmaschine sondern solle ein Parlament des Diskurses sein.

Einwendungsdebatte als Notlösung

Was die angepeilte Verfassungsbestimmung angeht, ist eine entsprechende Gesetzesinitiative bereits durch den zuständigen Ausschuss gewandert. Allerdings braucht die Koalition für den Beschluss im Plenum die Zustimmung von FPÖ oder Grünen bzw. BZÖ und Team Stronach. Da heute Früh klar war, dass die entsprechende Mehrheit nicht zusammenkommt, verzichtete die Koalition darauf, das Spekulationsverbot noch kurzfristig auf die Tagesordnung zu nehmen. Die Folge war eben die Einwendungsdebatte, ohne die die Länder-Finanzen heute überhaupt nicht zur Sprache gekommen wären. (APA, 20.3.2013)