Nikolaus Opperer (li.) und Michael Turkiewicz, die Erfinder und Macher von "Himbeer & Soda".

Foto: Barbara Mogg-Navarra

Auch als Ort für Plauderei versteht sich die neue Galerie für zeitgenössisches Design sowie Kunst, die mit Design liebäugelt. Getan wird dies an einer Schallplattenbar aus den 1950er-Jahren.

Foto: Elsa Okazaki

Design müsse funktionieren, Kunst nicht, meinte der Künstler Donald Judd. Dass sie auch ganz prächtig funktionieren kann, davon darf man sich nun bei "Himbeer & Soda" in der Westbahnstraße überzeugen.

Es ist ein gutes Stück, um das die heimische Designlandschaft vergangene Woche offiziell erweitert wurde. Und das Beste daran: Es handelt sich um kein vergängliches Frühlingslüfterl. Die Sache ist fix. Michael Turkiewicz und Nikolaus Opperer (beide Jahrgang 1958) haben ihren Schauraum nämlich dauerhaft eingerichtet, und das an fünf Tagen der Woche. Auf gut 180 Quadratmetern zeigt das Duo unter dem Namen "Himbeer & Soda" zeitgenössisches Design und Kunst, die mit Design liebäugelt.

 Kunst- und Möbel Hybride

Der eine, nämlich Turkiewicz, war jahrelang Partner von Designauskenner und Galerist Klaus Engelhorn, der andere, Opperer, machte sich einen Namen durch seine Serie "ak 7 Contemporary Design by Contemporary Artists", die ebenfalls im neuen Schauraum zu sehen ist.

Der Tiroler, der auch Kunsttransporte und Messeaufbauten managt, lud Künstler wie Martin Walde, Lois Weinberger, Ulrike Lienbacher oder Erwin Wurm ein, Kunst zu vermöbeln oder, anders gesagt, Objekte zu schaffen, die sowohl als Kunst- als auch als Möbel durchgehen.

Erwin Wurm zum Beispiel baute unter anderem einen alten Schrank zu einem Sofa um. Opperer gelang es, mit diesem spannenden Projekt an der Schnittstelle zwischen Design und Kunst auch US-Künstler Richard Artschwager ein Schnippchen zu schlagen, der einst von sich gab: "If you sit on it, it's a chair; if you walk around it and look at it, it's a sculpture."

Dass es so einfach halt doch nicht ist, zeigen auch die vielen ausgestellten Objekte von Designern. Klassisches Industriedesign hat hier kein Leiberl, hier kommt spannendes experimentelles Design, abseits vom Mainstream, zu seinem Auftritt, Dinge, die man bislang weitgehend nur in Magazinen oder rar gesäten Ausstellungen zu Gesicht bekam.

"Design to go"

So kriegt man endlich die idea of a tree-Bänke und -Körbe von mischer'traxler zwischen die Finger, die das Duo mithilfe einer wahren Zaubermaschine in Form brachte, oder den Plopp-Hocker von Oskar Zieta, der es in wenigen Jahren zur Designikone brachte. Weiters endlich zum Greifen nah sind die unterschiedlichsten Arbeiten von Jerszy Seymour, Polka, Mari Otberg, Breaded Escalope, Peter van der Jagt und einigen mehr.

Das Spektrum reicht von Originalen und Prototypen über limitierte Editionen und Kleinserien bis hin zu ein bisschen Produktdesign aus industrieller Fertigung, was als "Design to go" feilgeboten wird. Ihre Leidenschaft für das Experimentelle erklären die beiden folgendermaßen: "Wenn etwas zu perfekt ist, verschwindet es aus dem Blickfeld, wir wollen Reibungen in der Wahrnehmung, Design soll die Möglichkeit geben, zu reflektieren."

Getroffen haben sich Turkiewicz und Opperer - wen wundert's - bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Design. "Die Chemie stimmte, und der Wunsch nach einem solchen Schauraum schlummerte in uns beiden", erzählt Opperer, während er wie ein Portier hinter einer langen Bar im Schauraum steht. Das Stück stammt aus einem alten Schallplattengeschäft in Innsbruck. Aus seiner Theke ragen noch immer die Hörer, mit denen die Kundschaft einst Platten zur Probe hörte. Wahrscheinlich von Bill Haley oder Peter Kraus.

Platz für Begenung

Die Bar wirkt wie eine Art Rezeption und soll auch den Wunsch der Galerie-Macher unterstreichen, diesen Ort als einen Platz für Begegnung zu verstehen. Nicht umsonst nennt sich "Himbeer & Soda" auch "Raum für Kunst, Design und Plauderei".

"Wir wollen ein Fenster nach außen sein, in jeder Hinsicht", sagt Turkiewicz über seine neue Arbeitsstelle, in der zuvor das "Radlager" untergebracht war und davor ein Copyshop. Die Atmosphäre ist eine lässige - weder hat man Hemmungen, die weißgetünchten Räume zu betreten, noch drosselt man die Stimme auf Flüsterton, wie dies Besucher so mancher Kunsttempel tun.

Red Bull der 1950er-Jahre

Wäre da freilich noch die Sache mit dem Namen. Himbeer & Soda steht nicht nur für das Red Bull der 1950er-Jahre, das ganz wunderbar auf die Schallplattentheke passen würde, es steht ebenso für die Mischung aus Opperer und Turkiewicz, aber auch für die von Kunst und Design.

Man darf selbst überlegen, welche Gattung für welches Getränk steht. Vermischt schmeckt die Sache aber am besten, denn gerade der Mix hilft, sich vom Korsett der Frage, ob das nun Kunst oder Design sei, ein Stück weit zu befreien. Judd und Artschwager hätt's bestimmt geschmeckt. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 22.3.2013)