Paris - Nach den Zusammenstößen bei der Großdemonstration gegen die Ehe für Homosexuelle in Paris hat Frankreichs Innenminister Manuel Valls rechtsextreme DemonstrantInnen für die Ausschreitungen verantwortlich gemacht. Einige Gruppen hätten am Sonntag "versucht, die Absperrungen zu durchbrechen", die die Polizei errichtet hatte, sagte Valls am Montag im Sender RTL. Außerdem seien Schrauben auf die Polizei geworfen worden. Etwa 30 PolizistInnen seien leicht verletzt worden. Sechs von 98 Festgenommenen kamen in Polizeigewahrsam.

Valls hob hervor, dass die Polizei keine Tränengasgranaten eingesetzt habe, wie ihr vorgeworfen worden war. Die Sicherheitskräfte hätten lediglich aus Tränengas-Dosen per Hand gesprüht, wie dies auch AFP-Journalisten beobachtet hatten. Der Innenminister lehnte es ab, sich zu entschuldigen. Dies hatten TeilnehmerInnen der Demonstration verlangt, die den Polizeieinsatz als ungewöhnlich hart kritisierten. Vor allem die konservative Opposition und die Kirche machen seit Wochen gegen die Ehe für Homosexuelle mobil, ein zentrales Projekt der sozialistischen Regierung.

Großdemo hatten am Sonntag

An der Großdemo hatten am Sonntag laut Polizei 300.000 Menschen teilgenommen, die OrganisatorInnen sprachen von 1,4 Millionen. Den DemonstrantInnen war es verboten worden, über den Prachtboulevard Champs-Elysées zu ziehen. Als einige TeilnehmerInnen dennoch versuchten, dorthin vorzudringen, kam es zu den Zusammenstößen mit der Polizei, die auch Schlagstöcke einsetzte. Einige DemonstrantInnen knieten nieder und schrien: "Demokratie!" Laut Valls waren zur Absicherung der Großkundgebung 2.000 PolizistInnen im Einsatz.

Der Chef der größten Oppositionspartei UMP, Jean-Francois Copé, der an der Großdemonstration teilgenommen hatte, forderte am Sonntagabend Rechenschaft von der Polizei und auch von Präsident Francois Hollande. Er habe Familien getroffen, die Opfer des Tränengas-Einsatzes geworden seien. Ex-Ministerin Christine Boutin von der christdemokratischen Partei PCD forderte den Rücktritt von Valls und des Polizeichefs von Paris. Sie sei selbst von den Sicherheitskräften ins Visier genommen worden, kritisierte sie im Sender i-télé. Die DemonstrantInnen waren mit Schildern wie "Wir wollen Arbeit und keine Homo-Ehe" durch die Pariser Innenstadt gezogen.

Ehe- und Adoptionsrecht

Die Ehe für Homosexuelle spaltet seit Wochen die französische Gesellschaft. Bereits am 13. Jänner hatte es eine Großdemo gegeben, nach der die Organisatoren von einer Million TeilnehmerInnen sprachen, die Polizei von etwa 340.000. Am 12. Februar hatte die Regierungsmehrheit in der Nationalversammlung dem Gesetzesentwurf zur Einführung der Ehe für Homosexuelle zugestimmt, der auch ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare vorsieht. Der Senat befasst sich ab dem 4. April mit der Vorlage. Die GegnerInnen haben weitere Proteste angekündigt.

Umfragen zufolge ist eine klare Mehrheit der Franzosen und Französinnen für Ehe für Homosexuelle, die Mehrheit für das Adoptionsrecht fällt knapper aus. Als erstes Land weltweit führten im Jahr 2001 die Niederlande die Ehe für gleichgeschlechtlich Liebende ein. In Europa folgten bis zum Jahr 2009 unter anderem Belgien, Spanien und Schweden. Jüngst stimmte auch das britische Unterhaus für die Einführung der Homoehe. In Österreich und Deutschland können Homosexuelle eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. (APA, 25.3.2012)