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Erwin Buchinger ist seit 2009 Behindertenanwalt.

Foto: AP/Zak

Wien - Behindertenanwalt Erwin Buchinger sieht bei der Beseitigung der Diskriminierung behinderter Menschen Aufholbedarf. Seit der Neu-Einrichtung der Behindertenanwaltschaft im Jahr 2006 sind die jährlich an die Stelle gemeldeten Fälle von Diskriminierungen mit rund 1.000 konstant geblieben, sagte der Ex-Sozialminister am Mittwoch bei seiner Bilanz über das Jahr 2012. Dies zeige auch, "dass große Fortschritte seit 2006 nicht erreicht wurden."

Diskriminierung zugenommen

Im Bereich des Arbeitsmarktes habe die Diskriminierung sogar zugenommen. Dies würden die Zahlen zur Arbeitslosenstatistik zeigen, sagte Buchinger, der seit 2010 das Amt des Behindertenanwaltes bekleidet. Während der Anteil der Menschen mit Behinderungen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen im Jahr 2008 noch 14,7 Prozent betragen habe, erhöhte sich deren Anteil bis 2012 auf 15,3 Prozent. Innerhalb dieser Jahre sei die Zahl der Arbeitslosen mit Behinderungen um rund 28 Prozent gestiegen, während die Zahl der nicht behinderten Arbeitslosen um nur 20 Prozent gestiegen sei, so Buchinger.

Um diesem Trend entgegenzuwirken, fordert die Behindertenanwaltschaft zusätzliche Initiativen in der Arbeitsmarktpolitik, wofür auch zusätzliche Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden müssten.

Für inklusive Schule

Auch im Bereich der Bildung gebe es Defizit. Neben dem Regelschulwesen bestehe mit den Sonderschulen de facto ein Parallelschulwesen, so Buchinger. Nur gut 50 Prozent der Schüler mit Behinderungen würden in Regelschulen gehen, der Rest in Sonderschulen - eine "enttäuschende Entwicklung", sagte der Ex-Minister. Die Behindertenanwaltschaft fordert von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) hier ein "klares Bekenntnis zur inklusiven Schule", außerdem wünscht man sich einen Zeitplan zu deren Realisierung.

Barrierefreies Wohnen

Eine Häufung der Beschwerden verzeichnete die Anwaltschaft im Vorjahr wegen fehlender Barrierefreiheit im Wohnbereich. Zwar konnte beim Großteil dieser Fällen durch die Behindertenanwaltschaft eine "gütliche Lösung" gefunden werden. Dennoch fordert Buchinger die Politik zu Verbesserungen auf. Als Beispiel nannte er eine Änderung im Mietrechtsgesetz: Derzeit besteht für Mieter zwar der Anspruch auf Einrichtung eines Aufzuges, die Kosten dafür müssen aber die Mieter tragen, die den Antrag gestellt haben, dies solle geändert werden.

Positiv erwähnt wurde von Buchinger der seit Jänner bessere Zugang behinderter Menschen zu Privatversicherungen sowie der im Sommer 2012 beschlossene Nationale Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen (NAP). Allerdings kritisierte er, dass beim NAP viele Forderungen der Behinderten, v.a. die nach zusätzlichen Budgetmittel, nicht berücksichtigt worden seien.

1.000 Fälle bei Anwaltschaft

Insgesamt hatten sich 2012 etwas mehr als 1.000 behinderte Menschen aufgrund einer Diskriminierung an die Anwaltschaft gewandt. Dies waren um rund fünf Prozent mehr gegenüber 2011. (APA, 27.3.2013)