Die Nervosität, die vor dem Prozess um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) in München herrscht, ist verständlich. In zwölf Tagen beginnt am Oberlandesgericht einer der größten Terrorprozesse der deutschen Geschichte. Man will bei dem emotionsgeladenen Mammutverfahren keinen formalen Fehler machen.

Also verteilte das Gericht die Plätze für Nebenkläger, Verteidiger, Gutachter, Zuschauer und Journalisten fein säuberlich. Im Fall der Medien allerdings bedeutete dies: Man ließ einen nicht für alle durchschaubaren Verteilungskampf um viel zu wenige Plätze nach dem Motto "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", toben.

Kein türkischer Journalist schaffte es auf die begehrte Liste, obwohl acht der zehn Opfer Türken waren, obwohl deutsche Medien ihre Plätze aus Solidarität anboten. Diesen harten Kurs hätte das Gericht nicht fahren dürfen. Auch wenn die von vielen geforderte Videoübertragung in einen Nebensaal dem Gericht als zu heikel und prozessual angreifbar erschien - es wäre möglich gewesen, ein Kontingent an Plätzen für türkische Medien freizuhalten.

Als der Schweizer Wettermoderator Jörg Kachelmann in Mannheim vor dem Kadi stand, wurden Schweizer Medien von vornherein berücksichtigt. In München aber entsteht der Eindruck, Deutschland lasse seine türkischen Mitbürger nach der entsetzlichen Pannenserie bei der Aufklärung der Morde zum zweiten Mal im Stich. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 5.4.2013)